Collection

Ovaler Nachttopf. Anscheinend rund aufgedreht und dann oben zusammengedrückt. Am flachen Boden ein 6 mm hoher, kreisrunder, leicht keilförmig angespitzter Ringfuß; der gut 2 mm breite Standring glatt geschliffen. Wandung oben über der Ausbauchung geschnürt. Der wulstige Rand schräg ausgezogen. Seitlich anbossierter Bandhenkel mit flacher Innen- und gewölbter Rückenseite, unten zipflig abgedreht. Dekor: Innenwandung und Mündungsrand völlig vergoldet. Außenseite des Ringfußes bis auf einen schmalen unteren Streifen ebenfalls vergoldet. Oben umlaufend große Goldbordüre aus dreizehn verklammerten großen C-Bögen, überkreuzt von kleineren C-Bögen, umspielt von teilweise geschwänzten Punkten und bekrönt von vierblättrigen Rosetten. Auf beiden Wandungsseiten je eine große querovale, vierpassig einschwingende Kartusche mit Goldrand. In den vier Einbuchtungen sowie außen daran anschließend kleine Fondflächen aus kupferrotem Lüster mit goldenen C-Bögen unterschiedlicher Größe, teilweise geschwänzten Punkten und Lilienaufsätzen. Kartuschen außen seitlich und unten umspielt von eisenroten Laubranken mit Dreiblattaufsätzen und Punktprotuberanzen; braunrote Begleitstriche. In beiden Kartuschen auf dem weißen Glasurfond bunte Muffelmalerei: a) In der linken Hälfte eine Art Gartenpodest mit gelbgrünem Rasen, oben ein brauner Streifen. Darauf am linken Rand auf einem Kohleofen ein in Lüster gemalter Teetopf, dessen Dampf einen Indianischen Busch mit roten Blüten halb verdeckt. An einem Tisch auf Lehnstühlen drei Chinesen beim Rotweintrinken und Pfeiferauchen; der linke hält dem mittleren die Nase zu; der rechte wendet sich dem Chinesenbub hinter seinem Stuhl zu, der mit einem Blasrohr die Glut in einer Kohlenschaufel anfacht. Alle leiden unter dem üblen Geruch, der von der rechten Bildhälfte kommt: Auf braun und gelb gefliestem Boden verrichtet ein kleines, von einer Chinesin gehaltenes, nacktes Kind seine Notdurft ungehemmt auf ein weißes Tuch am Boden, an dem ein Hund schnuppert. Das an sich hierfür bestimmte Nachtgeschirr reicht die Dienerin einer spärlich bekleideten Frau, die hinter purpurnem Vorhang in einem Haus steht, aus dessen brauner Wandfarbe der Maler mit dem Pinselende Laubranken aus der nassen Farbe kratzte. An einem exotischen Baum rote, braune und blaugrüne Fiederrispen; in der Luft Vögel und gigantische Insekten. b) Auf bunt marmoriertem Schachbrettboden links unter Baldachin mit Straußenfedern in einem großen Bett ein kleines nacktes Kind mit Häubchen. Davor ein Guéridon, in dessen Kerzenschein eine Frau im Nachthemd auf der Flohsuche ist, wobei sich ihr Busen entblößt. Hinter ihr im Nachthemd vor einem Nachttopf stehend ein urinierendes Kind. In der rechten Bildhälfte eine kulissenartige Hausarchitektur, überrankt von buntem Fiederbaum und Blüten. Ein Chinese versucht sich durch eine Tür zu zwängen, um die Frau belauschen zu können, was der Herr des Hauses vereitelt. Ein dritter Chinese schaut aber mit spottenden Fingern bereits der Frau zu. In einem Fenster Butzenscheiben, davor ein Papagei; in der Luft zwei größere Vögel und Insekten. Inkarnat in Eisenrot-camaieu. Lüster mehrfach in den beiden Bildfeldern verwendet. Zwischen den Kartuschen sowie auf dem Henkelrücken leuchtend bunte Indianische Blütenzweige mit roten, dornigen Ästen, daran gelbgrünes und rotes Laubwerk. Nelken und Chrysanthemen in Eisenrot und violettem Purpur mit etwas Gelb. Vorn im Geäst ein großer bunter Vogel. Ungewöhnlicherweise auch die Innenseite des Henkels oben so bemalt./Rückert, Dr. Rainer, 1991