Collection

Kanne mit spanisch-sächsischem Wappen und grünen Watteauszenen auf goldenem Fond

Artist
Porzellanmaler: Gottlob Siegmund Birckner, Herstellung: Porzellanmanufaktur Meißen
Locality
Meißen
Date
Ausformung: um 1745; Bemalung: 1746
Material
Hartporzellan, Aufglasurfarben, Gold
Dimensions
H. 19,8 cm, B. 14,4 cm, Dm. 11,3 cm, Dm. (oben) 7,9 cm, Dm. (unten) 8,1 cm, G. 605 g
Location
Schloss Lustheim
Inventory Number
ES 169
Relation
Acquisition
Geschenk 1968, Aus der Sammlung Ernst Schneider

Dr. Rückert, 1992 / Runde, senkrecht faconnierte Henkelkanne mit wellig auf- und abschwingendem Mündungsrand. Anscheinend aus zweiteiliger Form, schwache Naht mitten im Boden in der Achse zum Henkel. Nach unten offener Glockenfuß, bis zu 22 mm tief gehöhlt. Flacher Kannenboden (Dm. 31 mm), versenkt in konisch geweiteter, 5 mm hoher Eintiefung; Innenwandung des Fußes dann trichterförmig und leicht konkav gekehlt stark geweitet. Flacher, unglasierter, bis zu 8 mm breiter Standring mit großen Poren, aber unbeschliffen. Unten an der Außenwandung des Fußes knapp 5 mm hohes, schräg nach oben eingezogenes Plattenprofil mit leicht abgefaster unterer Kante, darüber Verjüngung durch ein in mittlerer Höhe weich abgetrepptes, schräg ausgestelltes Karniesprofil; oben am Fuß unter dem Ansatz des Gefäßkörpers ein aufliegendes Wulstband. Abgeflacht ein wenig eingesenkter Fond. Innenwandung des Gefäßkörpers glatt; birnförmig nach unten gebaucht; außen mitsamt Fuß durch vertikale Reliefierung faconniert: Unterteilt in acht ungleich breite Streifen durch senkrecht geführte Gratrippen als Trennung zwischen breiten Feldern in den vier Hauptansichten, mit seitlichen Kehlfurchen vor den Gratrippen; alternierend in den Diagonalen schmalere Felder mit breit ausbuchtender Mitte zwischen seichten Kehlfurchen. Außenrand des Fußes entsprechend, achtfach faconniert. Kannenwandung ganz oben geweitet. Mündungsrand beidseitig geglättet, Kanten gerundet, auf einer Seite als Ausguß schnabelförmig breit ausgezogen und etwas abgesenkt dahinter auf den Breitseiten in konvexem Schwung ansteigend, dann er abfallend; auf der Gegenseite zum Ausguß leicht abgeflacht und noch minimal ansteigend. Gegenständig zum Ausguß angarnierter Ohrhenkel aus zweiteiliger Form, senkrechte Mittelnaht auf seiner Innenseite: In flacher Stabform, vor den Wandungsansätzen nach unten eingerollt, Innenseite zur gratigen Mitte leicht ansteigend, kleine kantige Schmalseiten, Rücken in der Mitte flach gewulstet; oben vor der Wand siebenteilige, zum Gefäß gerichtete Muschelauflage mit knollig aufstehender Wurzel, dann über den Rücken fallend ein sehr langes, gelapptes, zweiteiliges Akanthusblatt mit großer, keilförmig nach unten angespitzter Blattrippe; aufgelegt in der unteren Krümmung des Henkelrückens ein stehendes, gefiedertes Blatt mit kräftiger Mittelrippe und abgestumpfter Spitze, direkt überleitend in den dicken, geschupppten Wulst der unteren Volute; obere Volute vor der Wandung in der Mitte zwischen Abtreppungen breit gewulstet.
Dekor: Innenseite des Mündungsrandes auf 5 mm Breite anscheinend unglasiert, dick vergoldet wie auch seine Kante. Ebenso vergoldet die Außenseite des unteren Fußrandes samt der Abtreppung darüber sowie breit das obere Wulstband. Ganz oben auf der Außenwandung etwas unter dem Mündungsrand umlaufendes, schmales Goldband. Auf den etwas schmäleren senkrechten Streifen in den Diagonalen der Außenwandung von Gefäß und Fuß Goldfond mit ausgesparter, glasurweißer Ornamentik: Am Fuß je eine Blütenrosette mit Goldstrichelung auf den vier größeren Blättern; oben unter dem Mündungsrand je eine abhängende, achtteilige Muschel, mit Gold gestrichelt wie ein Spinnennetz, unten mit drei Punktprotuberanzen zwischen zwei gegenständigen Hakenaussparungen; in mittlerer Höhe des Kannenhalses ein Kreuzornament aus fünf ausgespart Punkten. Ebenso auf der Bauchung jeweils ein großes symmetrisches Ornamentgebilde: um eine ähnliche, aber größere Blütenrosette wie auf dem Kannenfuß oben und unten große Akanthusblätter, nur die Ränder ausgespart und gestrichelt, an der Spitze wieder drei Punktprotuberanzen über zwei Hakenstrichen, auf dem großen Blatteil je eine Gruppe aus vier ausgesparten Punkten über einem einzelnen Punkt, seitlich neben der Rosette je zwei gegenständige, gegabelte Hakenstriche zwischen zwei Punkten. Die breiteren, axialen Streifenfelder vor den Graten senkrecht gesäumt von beblätterten Rollranken zwischen ebenfalls goldenen Randlinien; an den Gabelungen dieser Ranken kleine goldene Punkte. Die axialen Felder etwas unterhalb der mittleren Höhe der Gefäßbauchung durch eine Goldlinie waagrecht geteilt; dicht darunter in Gold aufgemalt vier große konsolartige, fast gleiche Ornamentgebilde aus Laub- und Bandlwerk in symmetrischer Anordnung: In der Mitte erneut die genetzte Muschel, von der seitlich nach oben über scharfem Knick je ein breites, gebogtes, quer schraffiertes Band aufsteigt, das oben nach außen eingerollt ist; diese Bänder beidseitig umspielt von abhängenden Laubwerkranken; über der genetzten Muschel eine stehende, dreiteilige Glockenblüte über einem Goldtupfen, darüber drei Punktprotuberanzen; ähnliche Golckenblüte unten von der Muschel abhängend, mit drei Punktprotuberanzen zwischen Hakenstrichen; kleine Pfeilspitze oder auch Glockenblüten über Punkt auch unter den breiten Bändern.
Auf der Fläche über diesen vier Goldkonsolen Landschaften mit großer Figurenstaffage in monochromem Kupfergrün über purpurner, durch Übermalung meist zu Grauschwarz verwandelter Zeichnung. In Parklandschaften, deren Hintergrundzeichnung absichtlich durch dünneres Übermalen mit Grün zumeist nach verwaschenem Purpur durchschlägt, unte wolkenlosem Himmel große Watteaufiguren: a) Links vom Henkel vorn links auf einem Steinquader im Profil nach rechts sitzende junge Frau im Theaterkostüm mit Halskrause, ihre Hände raffen den langen Rock; vor ihr im Profil nach links stehend ein junger Mann mit Gitarre, ebenfalls im Theaterkostüm mit Halskrause, Schultermäntelchen und Dreispitz; rechts hinter ihm ein Steinpostament mit Kugelaufsatz. b) unter dem Ausguß eine auf einem barocken Stuhl sitzende, nach links gerichtete junge Frau mit Gitarre; stehend hinter ihrem Stuhl en face ein schon etwas bejahrter Mezzetin, seine rechte Hand oben auf der Stuhllehne, die Linke in die Hüfte gestützt, sein Gesicht umrahmt von der Mezzetinkappe, über seiner linken, gereckten Schulter ein Umhang, unter den Kniehosen lange Strümpe, die Halbschuhe mit Schleifenrosetten; vor der Frau am Boden im Profil nach rechts sitzend kleines Mädchen, auf dessen Schoß ein Hund (King Charles ?) seine Vorderpfoten stützt. c) Rechts vom Henkel vorne Rand einer Terrasse (? mit Abtreppung, darauf eine Balustrade, die auf ein Postament mit Kugelaufsatz zuläuft; daran stehend mit gekreuzten Unterschenkeln, den linken Ellenbogen neben der Kugel aufgestützt, ein jugendlicher Mezzetin in gleichartigem Kostüm wie zuvor, Wange auf die linke Hand gestützt, das enge Wams am Leib mit einem Gürtelriemen geschnürt. d) Unter dem aufgesetzten Henkel auf einer Rasenbank (?) en face sitzende, jüngere Frau mit überkreuzten Beinen, bekleidet mit langem, weitem Manteau-Kleid ihre linke Hand mit gespreizten Fingern unter dem Kinn, in der rechten Hand im Schoß ein Fächer, die linke Schulter tief gesenkt; rechts vor der Tanne ein großer, schief am Boden liegender Steinwürfel mit Kassettenfeldern. Binnenschattierung der zu Grau verfärbten Purpurzeichnung überaus fleißig gestrichelt und gepunktet.
Oben in einem der vier Felder, direkt unter dem Kannenausguß, in bunter Muffelmalerei und Gold Wappenkartusche mit königlichem Allianzwappen (31 x 2omm), die beiden Schilde leicht asymmetrisch, gegenständig: Der (heraldisch) rechte dreifach gespalten, darin oben in der geteilten ersten Reihe elf goldene Lilien auf blauem Grund (statt Parma wohl Alt-Anjou, aber ohne Turnierkragen); oberes Feld in der mittleren, halb gespaltenen Reihe erneut geteilt, darin oben goldenes Kastell auf rotem Grund (Kastilien), unten ein steigender, roter, gekrönter Löwe (Leon), daneben im ungeteilten Streifen ein Schräggeviert, oben und unten goldrot gestreift, seitlich je ein schwarzer Adler (Aragon und Hohenstaufen = Sizilien); in der (heraldisch) linken Wappenreihe (als Pfahl) auf goldenem Grund fünf rote Kugeln (2,2,1) unter großer blauer Kugel (Toskana/Medici); im unteren Feld der ersten Reihe kleine goldene Türme im roten Randstreifen um die "Quinas" (Portugal) unteren Feld der mittleren Reihe sechs blaue Lilien (3,2,1) auf goldenem Grund (Farnese-parma); im Herzschild drei goldene Lilien (2,1) auf blauem Grund (Bourbon-Anjou). Schild der Frau mit rotem Grund, quadriert, darin ausgespart in I und IV der weiße Polnische Adler und in II und III teilweise zart blau laviert der litauische Reiter mit erhobenem Schwert; als Herzschild das in Gold und schwarz quer gestreifte sächsische Wappen mit schrägem Rautenkranz unter violett gefüttertem Kurhut. Beide Schilde durch symmetrische Rollwerkspangen in Braun und Gold verklammert; unten in der Mitte Lambrequin mit goldener Fransenborte und drei Bommeln, auf dem goldenen Feld auf sprengendem Schimmel mit blauer Satteldecke der hl. Georg über grünem Drachen, den er mit der Lanze ersticht. Unter dem Männerschild blaues, goldgerändertes Kreuz mit weißer Taube, Stern des Ordre du Saint Esprit, sowie das goldene Lamm des Ordens vom Goldenen Vließ; am Damenschild nur Blütengehänge. Wappenschilde bekrönt durch fünfspangige Königskrone in Gold, Braun und Schwarz, reich mit Perlen besetzt, als Aufsatz blauer Globus mit goldenem Kreuz. Rahmendekor und Krone zart ro braun ombriert. Dekorprinzip der Außenwandung des Kannenfußes entspricht dem des Gefäßkörpers.
In den liegenden Rechteckfeldern de axialen Streifen wieder kupfergrüne Watteaulandschaften, hier en miniature: aa) unter dem Ausguß eine sitzende Dame und vor ihr ein stehendes Mädchen, im Mittelgrund wieder der beschriebene Steinwürfel. b) Rechts anschließend junge Frau in Watteaukleid und Mezzetin ohne Kappe, am Boden lagernd. Unter dem Henkel vor einem oben gekappten Steinobelisk ein im Profil nach links sitzender Schauspieler, anscheinend auf einer Gitarre spielend, Mantel über die rechte Schulter gehängt. d) Rechts anschließend hinter halb kniend sitzender Frau mit den Händen vor dem Busen ein theatralischer, in einen Mantel gehüllter Mann. Kannenfuß oben und unten durch ein breites, goldenes Band eingefaßt. Außenseite des Kannenhenkels relativ reich mit Gold angespitzt: seitlicha Kanten der Voluten, Muschelauflage, Blattfiederung sowie Rippe der unteren Blattauflage, letztere seitlich mit Gold gefiedert lange obere Blattrippe sowie Mittelwulst der Unterenvolute mit Gold quer gestrichelt.

BV002294747
Zum Objekt: Ausst.-Kat. Bayerisches Nationalmuseum, München, 1966: Meissener Porzellan 1710-1810. Ausstellung im Bayerischen Nationalmuseum München, München 1966, Kat.-Nr. 486

BV019430246
Zum Objekt: Mus.-Kat. Annette Schommers, Martina Grigat-Hunger, Sabine Heym, Meißener Porzellan des 18. Jahrhunderts. Die Stiftung Ernst Schneider in Schloß Lustheim, Renate Eikelmann, Bayerisches Nationalmuseum (Hrsg.), München 2004, S. 320, 428, Abb. S. 321, 322 f. (Details), 320 (Wappen), Kat.-Nr. 126

BV037997503
Zum Objekt: Julia Weber, Kunst als Instrument der Diplomatie - Der Austausch von Porzellangeschenken zwischen dem sächsisch-polnischen und dem französischen Hof 1747-1750, in: Keramos. Zeitschrift der Gesellschaft der Keramikfreunde e.V. Düsseldorf Heft 193, 2006, S. 25-46, S. 34 f., Abb. 8

BV044751253
Zum Objekt: Maureen Cassidy-Geiger, 'Quelque chose de beau et de bon gôut'. A silver-gilt toilet service for the Dresden Doppelhochzeit of 1747, in: Silver Studies. The Journal of the Silver Society, Special issue: Rococo silver in England and its colonies. Papers from a symposium at Virginia Museum of Fine Arts Richmond in 2004 20. Jg., London 2006, S. 46-57, S. 54, Abb. 68

BV038039997
Zum Objekt: Julia Weber, La porcelaine au service de la diplomatie. Les échanges de présents entre Dresde et Versailles, in: Sèvres. Revue de la société des amis du musée national de céramique Heft 16, 2007, S. 51-61, Abb. 6, S. 53

BV037659498
Zum Objekt: Ausst.-Kat. The Bard Graduate Center for Studies in the Decorative Arts, Design und Culture, New York, 15.11.2007-10.02.2008: Fragile Diplomacy. Meissen Porcelain for European Courts ca. 1710-1763, Maureen Cassidy-Geiger (Hrsg.), New York 2007, Abb. 10-63, Kat.-Nr. 80

BV012416817
Zum Objekt: La Porcelaine de Meissen, in: Dossier de l’ Art Heft 174, Editions Faton (Hrsg.), Dijon 2010, S. 52-60, Abb. S. 53

BV041478897
Zum Objekt: Diethard Lübke, Meißner Watteau-Dekore aus dem 18. Jahrhundert, Bramsche 2013, S. 18-19 (mit Abb.)

BV045074093
Zum Objekt: Kat. Raffinesse im Akkord. Meissener Porzellanmalerei und ihre grafischen Vorlagen, Bd. 1-2, Staatliche Kunstsammlungen Dresden (Hrsg.), Petersberg 2018, Kat.-Nr. 147b, 169a, 346a, 347b, 382b, 397a, 399a, 406b

BV047498516
Zum Objekt: Ausst.-Kat. Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Berlin, Schloss Charlottenburg, Neuer Flügel, 9. Oktober 2021 bis 9. Januar 2022: Antoine Watteau. Kunst - Markt - Gewerbe, München 2021, Abb. S. 217 f.

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