Collection

Senfgefäß vom Tafelaufsatz für den Grafen Brühl

Artist
Modell: Johann Joachim Kändler, Herstellung: Porzellanmanufaktur Meißen
Locality
Meißen
Date
Modell: 1737; Ausformung und Staffierung: 1738 (?)
Material
Hartporzellan, Aufglasurfarben, Gold
Dimensions
Gefäß: H. (gesamt) 21,5 cm, H. (ohne Deckel) 20 cm, H. (Gefäßrand) 18,2 cm, L. 18,1 cm, B. 9,6 cm, Dm. (unten) 7,5 cm, G. 1101 g; Deckel: H. 4 cm, Dm. 5,6 cm, G. 45 g
Location
Schloss Lustheim
Inventory Number
ES 859
Relation
Inv. No. ES 850 a-e - ES 860 (Tafelaufsatz mit Gewürzgefäßen)
Acquisition
Geschenk 1968, Aus der Sammlung Ernst Schneider, Aus der Sammlung Henry James King, Aus der Sammlung Walter von Pannwitz

Dr. Rückert, 1992 / In einem Stück gebrannte, hohle, dickwandige Kanne mit aufgesetztem Deckel. Runde, flache, unglasierte Standplatte mit gerundeter Kante. Außenrand des Sockels als Viertelstabprofil unter Kehlfurche. Etwas eingezogen darauf baumstrunk- oder felsartiger Sockel, daran drei Gruppen von mit aufbossierten Blättern und acht Blüten belegten Ästen und Astabschnitten, Blätter vielteilig geschlitzt. Der Sockel dient als Stütze für einen direkt auf ihn aufgesetzten Vogel vom Phoenix-Typ, von Kaendler als "Indianische Henne" bezeichnet; reich reliefiertes Gefieder mit teilweise leicht verwaschener, vor dem Glasieren eingeritzter Binnenzeichnung; Läufe seitlich am Sockel angedrückt, die je vier Zehen auf den Rand aufgesetzt. Flügel des Tieres angelegt, gereckter Hals, vorgestreckter Kopf; der geöffnete Schnabel mit traforierten Nasenlöchern auch als Ausguß dienlich. Handschwingen nach oben flach abstehend, ungleich hoch eingerollt, ebenso die Spitzen der langen Schwanzfedern, bogenförmig als Gefäßhenkel dienend und an der rechten Schulter der Figur anlaufend. Auf dem Vogel im Damensitz mit übergeschlagenen Füßen eine junge, breit lachende Japanerin, Hand ihres ausgestreckten linken Armes mit drei Fingerspitzen seitlich am Vogelhals anliegend, ihr in den Nacken gelegter Kopf über die rechte Schulter nach rückwärts gerichtet. Bekleidet mit einem weiten, faltigen, fußlangen, nur auf der Schauseite sichtbaren Rock sowie mit kasackartiger, langer Jacke, hinten geschlitzt, gegürtet, mit kurzen Ärmeln und schmalem Kragenaufschlag, oben auf dem Ärmelsaum je eine Agraffe. Über den großen Ohren exotischer Glockenhut, elffach geschält, Rand dementsprechend angespitzt, als Aufsatz eine rosettenförmige, elffache Godronnierung, bekrönt mit dickem Wulstring, oben zu einem Knopf geschnürt. Die "Japanerin" hält ein großes, auf ihren linken Oberschenkel aufgesetztes, achteckiges Senfgefäß, das sie an ihre linke Brust preßt: Unten mit kleinem Plattenprofil, darüber kleine und dann große hohe Kehlschnürung, die oben abgetreppt ist; Gefäßbauch balusterartig nach oben geweitet, dann eingezogen zu kleiner Abtreppung, darüber Kehlschnürung und kleine Kehlfurche, oberer Rand als abgeflachtes Viertelstabprofil. Die oben flach geschnittene, etwa 4 mm breite Randkante innen schräg nach oben angespitzt. Rechte Hand der Frau mit vier Fingern an die Vasenfacette in der Mitte der Schauseite angelegt, oben im Vasenrand in der Facette rechts davon großer, U-förmiger Ausschnitt (17 x 11 mm) Zum Einhängen des Senflöffels. Vasengefäß ohne eigenen Boden, auch zum Körper der Japanierin hin große Höhlung. Dekor: Kehlfurche am Sockelrand vergoldet. Aufgelegte Blätter staffiert mit leicht "giftigem" Gelbgrün und etwas Gelb; zwei Blüten in Purpur, drei in Emailblau, eine in Eisenrot und zwei in Gelb, ihre apfelförmige Mitte vergoldet. Läufe des Vogels zart braun mit dunkelbrauner Zeichnung, schwarze Krallen, Schenkel mit Gelb angespitzt wie auch der gesamte Vorderleib; Flügelbug in Schwarz und Eisenrot, Ränder der Flügelfedern mit Emailblau, Zitronengelb, Eisenrot und Purpur angespitzt ebenso wie die Schwanzfedern. Spitzen der fransenartig abhängenden Halsfedern ringartig mit Blau staffiert; gelbe Schopffedern mit purpurnen Spitzen; Hautlappen am Kinn sowie oben vor dem Schnabel und der Kamm eisenrot. Ohrgegend gelbgrün, in Gelb und Purpur auslaufend. Schnabel in hellem und dunklem Braun, Nasenlöcher und Volutenlinie im Schnabelwinkel fast schwarz. In den schwarz bis schwarzbraun gezeichneten Augen rote Iris, die Pupille gehöhlt. Japanerin in zumeist weiß belassenem Gewand: Kragen, Ärmelsäume und Innenfutter der Jacke sowie das Futter des Rocksaumes gelbgrün, beide purpurnen Agraffen mit Gold umringt, goldener Gürtel am Rücken; an Jacke und Rock unten Bordüre aus Goldzacken, umrandet von roter Linie, auf den Spitzen je drei rote Punkte. Oberseite des goldumrandeten Hutes in hellem und dunklem Purpur gestrichelt, Aufsatz vergoldet. Schwach eisenrotes, relativ sparsam verteiltes Inkarnat, roter Mund, Brauen und das hinten zwischen den Ohren sichtbare Haupthaar schwarz; Augen braun gezeichnet, Pupille und Irisrand in schwarz. Am Vasengefäß oben und unten je zwei goldene Ringlinien, auch der leicht profilierte Rand des Löffelausschnittes vergoldet. Auf der Vase achteckiger Einsetzdeckel mit 7 bis 8 mm hohem und 3 mm dickem, außen leicht angespitztem Ringfuß, sein Standring unglasiert; Aufwölbung innen über dem eingezogenen Ringfuß muldenartig geweitet. 7 bis 8 mm weit waagrecht abstehender Auflagerand mit abgerundeter Kante. Oberseite des Deckels glockenförmig flach aufgewölbt, achtfach radial facettiert, karniesförmiges Randprofil unter Abtreppung. Aufbossierter, 16 mm hoher Knauf: über flacher, tiefer Schnürung artischockenartiger Aufsatz mit abhängendem, fünfteiligem Blattkranz, die gedrückte Kugel der Frucht mit versetzten, angespitzten Blattkränzen. Dekor: Goldenes Ringband außen am Deckelrand. Knauffrucht vergoldet.

BV002294747
Zum Objekt: Ausst.-Kat. Bayerisches Nationalmuseum, München, 1966: Meissener Porzellan 1710-1810. Ausstellung im Bayerischen Nationalmuseum München, München 1966, Kat.-Nr. 506

BV003249530
Zum Objekt: Stefan Bursche, Tafelzier des Barock, München 1974, Abb. 294

BV038653936
Zum Objekt: Theodore Howard Clarke, Das Northumberland-Service aus Meissener Porzellan, in: Keramos Heft 70, Düsseldorf 1975, Abb. 7

BV013797462
Mus.-Kat. Rainer Rückert, Meißener Porzellan-Sammlung Stiftung Ernst Schneider. Führer durch die Schausammlungen des Bayerischen Nationalmuseums München, Filialmuseum Lustheim 8. Auflage, München 1991, Abb. 33

BV048649461
Zur Staffierung: Rainer Rückert, Zur Staffierung der Gesichter von Meissener Porzellanfiguren (Teil II), in: Keramos Heft 150, Düsseldorf 1995, S. 23, 26, 51

BV013408355
Zum Objekt: Ausst.-Kat. Staatliche Kunstsammlungen, Residenzschloß, Dresden, 04. Juli 2004 - 26. September 2004: Schwanenservice. Meissener Porzellan für Heinrich Graf von Brühl, Ulrich Pietsch (Hrsg.), Leipzig 2000, Kat.-Nr. 153

BV019430246
Zum Objekt: Mus.-Kat. Annette Schommers, Martina Grigat-Hunger, Sabine Heym, Meißener Porzellan des 18. Jahrhunderts. Die Stiftung Ernst Schneider in Schloß Lustheim, Renate Eikelmann, Bayerisches Nationalmuseum (Hrsg.), München 2004, S. 340, 342, 430, Abb. S. 341, 343, Kat.-Nr. 134

BV042149292
Zum Objekt: Ulrich Pietsch, Die Porzellansammlung des Grafen Brühl (Studia Jagellonica Lipsiensia Bd. 16)Folge Architektur und Kunst in der Ära des sächsischen Ministers Heinrich Graf von Brühl (1738-1763), Thomas Torbus, Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas an der Universität Leipzig Geisteswissenschaftliches Zentrum (Hrsg.), Leipzig 2014, S. 237-246, Abb. 3

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