Collection

Uhrgehäuse mit Chinoiserien

Artist
Modell (Uhrgehäuse): Gottlob Kirchner (?), Modell (Bacchus-Büste): Johann Joachim Kändler (?), Herstellung: Porzellanmanufaktur Meißen
Locality
Date
Modell (Uhrgehäuse): um 1728 (?); Ausformung (Uhrgehäuse): um 1728/1730 (?); Bemalung (Uhrgehäuse): um 1730/1735 (?); Ausformung und Staffierung (Bacchus-Büste): 18. Jh. (?)
Material
Hartporzellan, Aufglasurfarben, Lüster, Gold
Dimensions
Uhrgehäuse: H. (gesamt) 54,1 cm, H. (ohne Figur) 45,7 cm, B. 42 cm, T. 20,7 cm, G. 8300 g; Bacchus-Büste: H. 8,6 cm, G. 56 g
Location
Schloss Lustheim
Inventory Number
ES 2043
Relation
Acquisition
Geschenk 1971, Aus der Sammlung Ernst Schneider, Aus der Sammlung Édouard Chappey

Sehr großes, anscheinend nach hölzernem Modell geformtes, in einem Stück gebranntes Uhrgehäuse in Form eines oblongen Kastens mit abgeschrägten Seiten, senkrecht und waagrecht gegliedert durch vier Pilastervorlagen und umlaufende Gesimse; Kuppeldach. Rückseite glatt und unverziert. Löwenfüße: Die flache, unglasierte Bodenplatte aufbossiert auf vier ca. 11,5 cm lange und ca. 6,5 cm hohe, hohl geformte Figuren liegender Löwen mit einer großen Kugel in den Vorderpranken; die hinteren nach rückwärts, die vorderen nach innen zueinander schauend. Hintere Pranken übereinandergelegt, der Schweif über den Rücken geworfen; im geöffneten Rachen Zunge und Zahnreihen sichtbar. Blick halb nach oben gerichtet. Gravierte Binnenzeichnung im Fell. Glasur der (drei alten) Löwen ungewöhnlich narbig. Staffierung: Kugel völlig vergoldet. Mähne, Schweifquaste und Tatzen in lila Purpurlüster; einzelne Haarsträhnen vergoldet. Rachen, Nasenlöcher und Innenseite der Ohren mit Eisenrot angespitzt. Augen rot umrandet, Augapfel zitronengelb, Pupille schwarzgrau. Sockel des Uhrgehäuses hohl, nur oben in der Mitte der Deckplatte kleines Brandloch von ca. 5 mm Durchmesser; im Brand deshalb gerissen und verzogen, Deckplatte eingesunken. Der Sockel mit Ausnahme der glatten Rückseite ringsum reliefiert durch zwei oben und unten umlaufende, vielfach abgetreppte Gurtgesimse. Außen an seinen Schmalseiten je ein gut 5,5 cm breiter Sockel für die Pilastervorlagen; an den vorderen Ecken ähnliche Sockel, ca. 4,5 cm breit; in schrägem Winkel vorgesetzt. In der Mitte der Vorderseite kragt der Sockel erneut plattenförmig vor (ca. 5x8 cm), begleitet von den vorgekröpften Gesimsen. Dekor des Sockels: Breite Goldbänder an den Gesimsen. Unten auf dem Simsprofil eine kleinteilige, dichte Goldbordüre aus waagrecht schraffierten Lambrequinzungen mit Goldtupfen in der Mitte, die unteren Spitzen durch je zwei gekreuzte Strichlein verbunden; darunter zwischen kurzen Perlschnüren je ein Sternchen (oder Lilienschnörkel ?). Auf sechs Seitenwangen der vorspringenden Pilastersockel goldenes Rankenwerk; die schmalen Seiten der Sockelvorlage vorn in der Mitte völlig vergoldet. Goldbänder auf allen Kanten der fünf Pilastersockel. Auf den fünf Stirnseiten sowie auf den Schmalseiten, eingefaßt von einem dunkelbraunen Randstrich, je eine Chinoiserie in bunten Muffelfarben auf gelbgrünem, oben braunem Terrain, insgesamt also sieben Szenen: a) Ganz links über dem ersten Löwen Chinese beim Vogelfang, eine Freitreppe herablaufend; rechts vor exotischen Stauden ein Chinesenkind mit ausgebreiteten Händen über einem am Boden laufenden Vogel. Dann rechts b) auf Hocker sitzender Chinese mit Radschirm, hinter ihm Kind mit Fächer, rechts Chinesin mit Geschirrtablett vor Blütenbusch und Sockel mit rauchender Pfanne. c) Chinese reicht mit Bückling einer stehenden Chinesin mit Fächer dampfende Teetasse. Am Boden Podest mit Geschirr und Blütenstrauch. d) Vorn in der Mitte unter Palme in europäischem Lehnstuhl sitzender Chinese mit Spieß und Fächer an Trommeltisch mit Teekanne. Rechts davon, auf ihn weisend, ein stehender Chinese; junge Chinesin schickt ein Kind zum Sitzenden. e) Stehende Chinesin mit langer, brennender Tabakspfeife; sitzender Chinese in barockem Lehnstuhl vor einer Art Schränkchen; auf dem gerauteten Gartenzaun dazwischen zwei Porzellangefäße. Auf der rechten Schmalseite f) stehender Chinese mit Fächer vor einer Palme und Podest mit Geschirr; vor ihm kauernd eine Chinesin. Rechts hinten g) Chinese mit Radschirm, zuschreitend auf eine sitzende Chinesin mit Fächer vor einem hohen Pfeiler mit dampfender Teekanne und Blumenschale auf einem Sockel; rechts grüne Palme vor Blütenbusch. In allen sieben Chinoiserien in der Luft je zwei übergroße In-sekten. Inkarnat in Eisenrot-camaieu. Alle Haare schwarz. Auf diesem Sockel das eigentliche Uhrgehäuse: Auf der Vorderseite große rundbogige Toröffnung (licht 16,5 x 8,5 cm) mit einmal abgetrepptem Gewände. Aufgelegte Profilleiste rings umlaufend, nach innen breit abgeschrägt, zart abgetreppt; dreimal unterbrochen von durchstochenen Rechteck-Eintiefungen für die verlorenen beiden Scharniere und den Verschluß für ein verschollenes Türchen, das wohl das Zifferblatt frei ließ. Oben ein reich gekröpftes, in der Mitte im Halbkreis nach oben ausbuchtendes Gesims; ähnlich profiliert, aber voluminöser als die Leiste um die Toröffnung. Darüber in symmetrischer, mit dem Messer vor dem Brand ausgeschnittener Durchbrucharbeit zwei distelartige Rankenzweige; im Brand an etlichen Stellen gerissen und verschoben. Oberer Abschluß durch ein umlaufendes, kräftiges Gurtgesims wie unten am Uhrensockel; vorn in der Mitte im Halbkreis nach oben ausbuchtend. Über den vier Ecken Pilastervorlagen: die hinteren an der Außenkante senkrecht einmal abgetreppt, unten auf Basen mit Abtreppung unter Wulstprofil; oben kapitellartig abgeteilt durch das kleine profilierte Gurtband. Sämtliche Pilaster hohl und mit offener Rückseite. Auf der Seitenwandung der Uhr aufbossiert je ein Profilrahmen, hochrechteckig, oben und unten im Eselsrückenbogen ausgezogen. Darüber in der Wandung zwei größere Traforierungen als Schallöffnungen in chinesischer Art, mit dem Messer vor dem Brand ausgeschnitten, im Feuer leicht verzogen: Je ein Rundel, durch Stege kreuzartig unterteilt; oben dazwischen fünfmal (links) bzw. dreimal (rechts) durchstochen. Dekor des Gehäusekastens: Sämtliche vier Pilaster mit vergoldeten Kanten; seitlich goldene Rollranken. Auf den von einem dunkelbraunen Randstrich eingefaßten Stirnseiten bunte Chinoiserien wie am Uhrensockel. Unten auf den vier Pilastern von links nach rechts: a) Vor einer Mauer mit zwei Palmen stehende Chinesin und hockender Chinese mit Gefäßen; schaukelndes Chinesenkind über der Mauer. b) Pfeife rauchender Chinese in barockem Lehnstuhl, hinter Tisch mit Porzellangeschirr ein stehender Chinese. Oben darüber in abhängendem braunen Fels Halbfigur einer Chinesin zwischen blühenden Zweigen. Auf dem rechten Eckpilaster c) ähnlicher Fels, darauf ein nacktes Chinesenkind sowie ein zweites mit Purpurhemd und Stöckchen mit Schnüren über dem Kopf; unten Chinese und Chinesin unter einer Palme schreitend. d) Unter Palme mit purpurnen Zweigen und eisenrotem Fiederbaum Chinese mit vor ihm knienden Chinesenbub. In der Frontseite links unten neben der Toröffnung der Uhr: Stehender Chinese mit Fächer, im Profil nach rechts. Rechts unten neben der Öffnung ein nach links gerichteter Chinese mit Stock (?) und dampfender Teetasse. Im Profilrahmen der linken Schmalseite: Stehender Chinese und Chinesin vor einem Tisch mit blauer Decke mit Sonnenmuster sowie einem türmchenartigen Gebilde, daneben Palme und Fiederbaum. Auf der rechten Schmalseite: Auf einem Hocker unter einer Palme sitzende Chinesin mit Handspiegel (?). Vor ihr an einem Tisch stehend Chinesin mit Fächer und Kind mit einem Stöckchen mit Bändern. Oben in den Kapitellen: Ganz links a) auf einem Hocker sitzender Chinese, ein Hündchen (?) dressierend; hinter ihm Chinesin mit Fächer. b) Am Boden hockender Chinese, mit zwei Stäbchen in einem Topf mit rauchenden Kohlen rührend, daneben Topf mit rotem Korallenast; stehend hinter ihm Chinese mit Kreuzstange, daran Krimskrams. Neben der Blume ein dritter Porzellantopf. c) Zwei Chinesen an niedrigem Podest. d) Am rechten hinteren Pilaster an einem runden, tablettartigen Tischchen hockender Chinese, vor ihm eine stehende Chinesin, die mit einem Stöckchen in einem dampfenden Becher rührt; ganz links ein großer Blumentopf. Kuppelaufsatz: In Form eines Walmdachs, überfangen von vier à jour abgehobenen, vorgekröpften Spangenbändern über den Pilastern, mit aufgerollten oberen und unteren Enden. Kanten vergoldet; Seitenwangen mit Fond aus dunklem Purpurlüster; auf der oberen Breitseite mit Ausnahme der Voluten goldenes Rankenwerk wie auf den Pilastern der Uhr. Auch die Kanten des Walmdaches vergoldet. Seitlich im hohen, über den Walmknick geführten Feld des Daches je eine große bunte, gold-gehöhte Chinoiserieszene wie auf den unteren Teilen der Uhr, ebenfalls von dunkelbrauner Randlinie umzogen: Links a) chinesische Familie neben Palmbaum, der Mann stehend, die Frau am Boden vor einem gerauteten Gartenzaun kauernd, anscheinend mit bunten Steinen beschäftigt, vor ihr stehend ein Kind mit geschulterter Fähnchenstange. Auf der rechten Außenseite b) vor einem Gartenzaun und Blumenstauden Chinesenfamilie mit schwarzem Mohr als Schirmträger, die Mutter mit bunten Quastenschnüren an einem Stock; vor den nebeneinander stehenden Eltern ein ovaler, golden und rot gerahmter, zart eisenroter Schild, auf den das kleine Kind mit schwarzem Pinsel eine goldene exotische Landschaft malt: fliegender Drache über Palmen. Mittleres Dachfeld zweigeteilt. In der unteren Hälfte, in die der Rundgiebel einschneidet, goldenes Rankenwerk. In der oberen Hälfte Chinoiserie wie zuvor: Zwei gestikulierende Chinesen an rundein Tisch, der eine in europäischem Lehnstuhl sitzend; links neben einer Blumenstaude Chinesenkind mit rotem Knaul in goldener Schale. Kuppel bekrönt von einem hohl aufbossierten 3,2 cm hohen, Figurensockel; Glasur vor dem Brand von der flachen Oberseite weitgehend abgewischt, in ihrer Mitte Brandloch mit knapp 5 mm Durchmesser, daneben groß und tief eingeritzt "2". Sockel (unregelmäßig) rechteckig mit abgeschrägten Ecken; stark geschnürt und waagrecht profiliert unten durch einen Viertelstabwulst unter einer Abtreppung, oben durch drei kleine Abtreppungen unter der dünnen Deckplatte. In der flachen, glatten Rückwand der Uhr eine 17,5 x 16 cm große Öffnung mit Randfalz für eine (metallene) Tür, die rechts mittels zweier Lochdurchstiche (Dm. 3,5 mm) in Angeln hing; links in der Mitte entsprechender Durchstich für den Verschluß. Die untere Bossiernaht dicht unter dem Türfalz im Brand aufgeplatzt, bis zu 3 mm klaffend. Aufsatzfigur: nicht zugehörig, hohl, in der Mitte der flachen Bodenplatte Brandloch von knapp 5 mm Durchmesser entsprechend dem oberen Abschluß des Gehäuses. Büste eines Mannes mit über seine rechte Schulter gedrehtem, lachendem Kopf. Unbekleidet, Armstümpfe und Abschnittkante des Oberkörpers durch ein seegrün staffiertes Tuch mit goldener Randkante und milchig-violettem Futter verdeckt. Grau gesträhnter Kinnbart. Im grauen, nackenlangen Haar Rebenkranz mit gelbgrünen Blättern sowie fünf Trauben in Purpur, Seegrün und Rotbraun. Brauen und Pupillen dunkelgrau, ansonsten braune Augen. Lippen und Zahnunterteilung in Eisen-rot, ebenso (zarter) die Wangen. Bräunliches Inkarnat. Diese Büste auf fast ebenso hohem Sockel: vierkantig, mit einschwingenden Ecken; über der unteren Platte eine Abtreppung, darüber breit gekehlt; darauf eine Godronnierung; Oberteil einschwingend, in vier länglichen, oben einbuchtenden Kassettenfeldern jeweils eine doppelte Hängeblüte im Relief; oberes, ausladendes Randprofil abgetreppt. Sockel nur mit Gold angespitzt (Ringlinien, Randkanten). Büste durch ein modernes Stäbchen auf den Figurensockel der Kuppel aufgesteckt./Rückert, Dr. Rainer, 1991

BV013797668
Zum Objekt: Mus.-Kat. Rainer Rückert, Meißener Porzellan-Sammlung Stiftung Ernst Schneider. Führer durch die Schausammlungen des Bayerischen Nationalmuseums München, Filialmuseum Lustheim, 1.-7. Auflage, München 1972-1985, Abb. 10

BV002382315
Zum Objekt: Kat. Die deutsche Räderuhr. Zur Kunst und Technik des mechanischen Zeitmessers im deutschen Sprachraum. Band 2: Katalog und Tafeln, München 1976, Abb. 817

BV013797462
Mus.-Kat. Rainer Rückert, Meißener Porzellan-Sammlung Stiftung Ernst Schneider. Führer durch die Schausammlungen des Bayerischen Nationalmuseums München, Filialmuseum Lustheim 8. Auflage, München 1991, Abb. 14

BV019430246
Zum Objekt: Mus.-Kat. Annette Schommers, Martina Grigat-Hunger, Sabine Heym, Meißener Porzellan des 18. Jahrhunderts. Die Stiftung Ernst Schneider in Schloß Lustheim, Renate Eikelmann, Bayerisches Nationalmuseum (Hrsg.), München 2004, S. 408, Abb. S. 123, Kat.-Nr. 33

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