Collection
Vierkantflasche
- Artist
- –
- Locality
- Süddeutschland
- Date
- spätes 17., Anfang 18. Jh.
- Material
- Rubinglas, Silber, vergoldet
- Dimensions
- H. 22,6 cm
- Location
- Fürstliche Schatzkammer Thurn und Taxis
- Inventory Number
- 93/636
- Relation
- –
- Acquisition
- Öffentlich-rechtlicher Übertragungsvertrag 1993, Fürst Thurn und Taxis Kunstsammlungen, Regensburg
Zu den meistbeachteten Erfindungen auf dem Gebiet der Glaskunst im Barock gehört sicher die des Rubin- oder Goldrubinglases. Seine mit geheimnisvollen alchemistischen Versuchen verbundene Herstellung gelang durch die Zugabe von Goldchlorid zur Glasschmelze. Trotz der zeitlich vorausgehenden geglückten Experimente des Artzes Dr. Andreas Cassius im Jahr 1676 gebührt der Ruhm, rubinfarbenes Glas erstmals in größeren Mengen und gleichmäßiger Qualität produziert zu haben dem Alchimisten Johann Kunckel (1630-1703). Er leitete mit kurzen Unterbrechungen von 1678-1693 die von Friedrich Wilhelm, dem Großen Kurfürsten von Brandenburg, gegründete Glashütte auf dem Hakendamm bei Potsdam. Bald produzierten aber auch andere Hütten, etwa in Böhmen und Süddeutschland, die begehrten Gläser.
Das sofort einsetzende große Interesse an dieser neuen Glasart läßt sich wohl nicht allein durch die Farbe erklären, denn bereits seit dem 16. Jahrhundert war rotes, durch Beimengung von Kupfersalzen gefärbtes Glas bekannt, das aber nur als Überfang verwendet wurde. Sicher war es die verbreitete Vorstellung von der magischen Wirkung des Goldes und von den dem Karfunkel (Rubin), dem "Stein der Weisen", zugeschriebenen Kräften. Man glaubte, daß sich in den Goldrubingläsern die heilenden und lebenserhaltenden Eigenschaften dieser beiden Materialien verbinden und auch auf die aus ihnen getrunkenen oder in ihnen aufbewahrten Flüssigkeiten übergehen.
Die sehr schwierig und kostspielig herzustellenden Rubingläser waren ausgesprochen repräsentative Luxusgüter. Sie fanden insbesondere an den Höfen als hochgeschätzte Sammlungsgegenstände Eingang in die fürstlichen Kunstkammern. Die aus dem Besitz des Hauses Thurn und Taxis stammenden Stücke spiegeln die am meisten verbreiteten Gefäßformen aus Rubinglas wider. So haben sich etwa vier-, sechs- oder achtkantig facettierte Flaschen in beträchtlicher Zahl erhalten. Paarweise oder in Sätzen verschiedener Größe gefertigt waren sie Bestandteile von meist in Augsburg montierten Reiseapotheken oder Toilettegarnituren. Auch die kleinen, wohl zur Aufnahme von Salben oder Schminkutensilien benutzten Rubinglasdöschen und die beiden bauchigen Flaschen mit gerippter Wandung stammen sicher aus dem Zusammenhang luxuriöser Reiseensembles. Die Mehrzahl der hier gezeigten Rubingläser entstand in Süddeutschland. Mit größter Wahrscheinlichkeit wurden alle in einer einzigen Glashütte gefertigt, die in relativ kurzer Zeit etwa zwischen 1690 und 1700/1710 eine bemerkenswerte Produktion zustandegebracht und sich auf die Serienanfertigung einiger weniger Gefäßtypen beschränkt haben muß. Die Teekannen, die Enghalskanne und der kleine Birnkrug sind in zahlreichen, geringfügig voneinander abweichenden Ausführungen erhalten. Die Lokalisierung dieser Hütte kann noch nicht eindeutig bestimmt werden. Aufgrund archivalischer Nachrichten wurden bislang als Standorte München, Freising und Bayreuth vorgeschlagen - ohne jedoch ausreichend zu berücksichtigen, daß die Kenntnis der Rubinglasrezeptur nicht gleichbedeutend war mit der Fähigkeit, dieses teure Herstellungsverfahren erfolgreich in größerem Stil anzuwenden. Dazu bedurfte es wohl auch fürstlicher Unterstützung und eines gesicherten Abnehmerkreises für die Ware. Nicht ganz ausgeschlossen werden kann die Produktion von Rubinglas in der Münchener Hütte. Diese wurde 1677 von Kurfürst Ferdinand Maria von Bayern gegründet und stand unter der Leitung des Glasmachers Hans Christoph Fidler, der sich um 1689/1690 in der Lage sah, das begehrte Glas herzustellen.
Die süddeutschen Rubinglasgefäße wurden meist in der Goldschmiedemetropole Augsburg mit silbervergoldeten Fassungen versehen, die ihre Kostbarkeit unterstrichen und die Schönheit der dunkelroten, ins Violett spielenden Farbe noch besser zur Geltung brachten. Zu den auf diesem Gebiet führenden Meistern zählt Tobias, der auf die Anfertigung von Toilettegarnituren und das Fassen kostbarer Materialien wie Achat, Email und Rubinglas spezialisiert war. Auch sein Bruder Matthäus II Baur, der den Deckel zu der Enghalskanne gearbeitet hat, zeichnet sich auf diesem speziellen Sektor aus.
Neben die Montierung trat als weitere Veredelung der Glasschnitt. Die Wandungsflächen der Sechskantflasche und des Kugelfußbechers schmücken in Mattschnitt Fruchtgebinde bzw. an Schleifen hängende Fruchtbündel mit flügelschlagenden Vögeln. Derartige Dekore orientieren sich an Vorbildern aus Nürnberg, dem damaligen Zentrum des süddeutschen Glasschnitts; aus qualitativen Gründen ist jedoch die Zuschreibung an eine der dortigen Werkstätten auszuschließen.
Das schwierige Verfahren der Rubinglasherstellung muß gegen Ende des 18. Jahrhunderts weitgehend in Vergessenheit geraten sein und gewinnt erst wieder in der Biedermeierzeit vor allem bei der böhmischen Glasindustrie an Bedeutung.
Das sofort einsetzende große Interesse an dieser neuen Glasart läßt sich wohl nicht allein durch die Farbe erklären, denn bereits seit dem 16. Jahrhundert war rotes, durch Beimengung von Kupfersalzen gefärbtes Glas bekannt, das aber nur als Überfang verwendet wurde. Sicher war es die verbreitete Vorstellung von der magischen Wirkung des Goldes und von den dem Karfunkel (Rubin), dem "Stein der Weisen", zugeschriebenen Kräften. Man glaubte, daß sich in den Goldrubingläsern die heilenden und lebenserhaltenden Eigenschaften dieser beiden Materialien verbinden und auch auf die aus ihnen getrunkenen oder in ihnen aufbewahrten Flüssigkeiten übergehen.
Die sehr schwierig und kostspielig herzustellenden Rubingläser waren ausgesprochen repräsentative Luxusgüter. Sie fanden insbesondere an den Höfen als hochgeschätzte Sammlungsgegenstände Eingang in die fürstlichen Kunstkammern. Die aus dem Besitz des Hauses Thurn und Taxis stammenden Stücke spiegeln die am meisten verbreiteten Gefäßformen aus Rubinglas wider. So haben sich etwa vier-, sechs- oder achtkantig facettierte Flaschen in beträchtlicher Zahl erhalten. Paarweise oder in Sätzen verschiedener Größe gefertigt waren sie Bestandteile von meist in Augsburg montierten Reiseapotheken oder Toilettegarnituren. Auch die kleinen, wohl zur Aufnahme von Salben oder Schminkutensilien benutzten Rubinglasdöschen und die beiden bauchigen Flaschen mit gerippter Wandung stammen sicher aus dem Zusammenhang luxuriöser Reiseensembles. Die Mehrzahl der hier gezeigten Rubingläser entstand in Süddeutschland. Mit größter Wahrscheinlichkeit wurden alle in einer einzigen Glashütte gefertigt, die in relativ kurzer Zeit etwa zwischen 1690 und 1700/1710 eine bemerkenswerte Produktion zustandegebracht und sich auf die Serienanfertigung einiger weniger Gefäßtypen beschränkt haben muß. Die Teekannen, die Enghalskanne und der kleine Birnkrug sind in zahlreichen, geringfügig voneinander abweichenden Ausführungen erhalten. Die Lokalisierung dieser Hütte kann noch nicht eindeutig bestimmt werden. Aufgrund archivalischer Nachrichten wurden bislang als Standorte München, Freising und Bayreuth vorgeschlagen - ohne jedoch ausreichend zu berücksichtigen, daß die Kenntnis der Rubinglasrezeptur nicht gleichbedeutend war mit der Fähigkeit, dieses teure Herstellungsverfahren erfolgreich in größerem Stil anzuwenden. Dazu bedurfte es wohl auch fürstlicher Unterstützung und eines gesicherten Abnehmerkreises für die Ware. Nicht ganz ausgeschlossen werden kann die Produktion von Rubinglas in der Münchener Hütte. Diese wurde 1677 von Kurfürst Ferdinand Maria von Bayern gegründet und stand unter der Leitung des Glasmachers Hans Christoph Fidler, der sich um 1689/1690 in der Lage sah, das begehrte Glas herzustellen.
Die süddeutschen Rubinglasgefäße wurden meist in der Goldschmiedemetropole Augsburg mit silbervergoldeten Fassungen versehen, die ihre Kostbarkeit unterstrichen und die Schönheit der dunkelroten, ins Violett spielenden Farbe noch besser zur Geltung brachten. Zu den auf diesem Gebiet führenden Meistern zählt Tobias, der auf die Anfertigung von Toilettegarnituren und das Fassen kostbarer Materialien wie Achat, Email und Rubinglas spezialisiert war. Auch sein Bruder Matthäus II Baur, der den Deckel zu der Enghalskanne gearbeitet hat, zeichnet sich auf diesem speziellen Sektor aus.
Neben die Montierung trat als weitere Veredelung der Glasschnitt. Die Wandungsflächen der Sechskantflasche und des Kugelfußbechers schmücken in Mattschnitt Fruchtgebinde bzw. an Schleifen hängende Fruchtbündel mit flügelschlagenden Vögeln. Derartige Dekore orientieren sich an Vorbildern aus Nürnberg, dem damaligen Zentrum des süddeutschen Glasschnitts; aus qualitativen Gründen ist jedoch die Zuschreibung an eine der dortigen Werkstätten auszuschließen.
Das schwierige Verfahren der Rubinglasherstellung muß gegen Ende des 18. Jahrhunderts weitgehend in Vergessenheit geraten sein und gewinnt erst wieder in der Biedermeierzeit vor allem bei der böhmischen Glasindustrie an Bedeutung.
BV012190176
Zum Objekt: Mus-Kat. Thurn und Taxis Museum Regensburg. Höfische Kunst und Kultur, Reinhold Baumstark (Hrsg.), München 1998, S. 64-65, Abb. S. 65, Kat.-Nr. 9a
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Sammlung Thurn und Taxis
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Vierkantflasche