Sammlung

Leuchter (zwei Stück)

Künstler/in
Entstehung
Paris
Datierung
um 1727
Material
Silber, gegossen, ziseliert, graviert, punziert
Maße
H. 42,5 (93/53.1), B. 30,5 (93/53.1), Dm. 18,5 (93/53.1 Fuß); H. 43,5 (93/53.2), B. 32,5 (93/53.2), Dm. 18,5 (93/53.2 Fuß), G. 9281 g
Standort
Fürstliche Schatzkammer Thurn und Taxis
Inventarnummer
93/53.1-2
Bezug
Inv.-Nr. 93/46 - 93/52 (?)
Zugang
Öffentlich-rechtlicher Übertragungsvertrag 1993, Fürst Thurn und Taxis Kunstsammlungen, Regensburg

Das erstmals im Thurn und Taxis'schen Silberkammerinventar des Jahres 1750 genannte Leuchterpaar weist verschiedene Pariser Marken auf, die den Arbeitsbeginn auf das Jahr 1727 festlegen. Hingegen stammt der Pariser Quittungsstempel, der das Abschlußdatum bezeichnet, erst aus den Jahren 1732/38. So muß sich in der Ausführung der Girandolen eine erhebliche Verzögerung ergeben haben. Dennoch liegt die Vermutung nahe, daß von Anfang an ein Zusammenhang mit den stark französisierenden Serviceteilen Johann Ludwig II Billers (Kat.-Nr. 4) bestand, die möglicherweise aus Anlaß der 1727 in Frankfurt begangenen Hochzeit von Maria Augusta von Thurn und Taxis und Carl Alexander von Württemberg in Augsburg bestellt wurden (Kat.-Nr. 7). Die beiden mit einem Gewicht von zusammen etwa 9280 Gramm ungewöhnlich schweren Leuchter tragen über dem runden Fuß und dem balusterförmigen Schaft eine einzelne Kerzentülle. Dort sind drei herausnehmbare Lichterarme eingesetzt, die starke Bewegtheit mit vegetabiler Bildung der Einzelformen verbindet. Eine weitere Kerzentülle nimmt eine erhöhte Position im Zentrum der stark plastisch aufgefaßten Girandolen ein. Stilistisch lassen sich mit dem äußerst qualitätvollen Leuchterpaar, das kein Meisterzeichen aufweist, verschiedene Werke des herausragenden Pariser Goldschmieds Claude II Ballins aus den zwanziger Jahren des 18. Jahrhunderts vergleichen; insbesondere seien zwei Tafelaufsätze in der St.
Petersburger Eremitage geannnt. Auch dort finden sich in ähnlicher Weise einerseits altertümliche Elemente in ruhiger glatter Flächenbildung und andererseits ausgesprochen moderne Züge, zum Beispiel kräftige Rocailleformen. Als verwandte Einzelmotive sind etwa die Tropfschalen und Kerzentüllen sowie die plastischen Ähren anzuführen. Freilich muß die Frage der Zuschreibung an einen bestimmten Pariser Meister offen bleiben, zumal in der Pariser Goldschmiedekunst besonders der zwanziger Jahre des 18. Jahrhunderts häufig Meistermarken fehlen, so daß nur wenige feste Zuweisungen vorgenommen werden können. Das am Fuß der beiden Silbergirandolen applizierte Löwenmaskaron begegnet auch bei Pariser Bronzeleuchtern des ersten Viertel des 18. Jahrhunderts; die Übereinstimmung bestätigt die Annahme, daß das Modell der Girandolen noch aus dem dritten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts stammt. In den Jahren der Bestellung des Pariser Leuchterpaares stand Fürst Anselm Franz von Thurn und Taxis in engen Beziehungen zu französischen Künstlern. So nahm er 1727 die Korrespondenz mit Robert de Cotte wegen der Pläne für das Frankfurter Palais auf. Demgemäß bildet das Leuchterpaar - als ein in Deutschland höchst seltenes Beispiel anspruchsvollsten französischen Silbers des "style Régence" - ein glänzendes Zeugnis der am Pariser Milieu orientierten Geschmackskultur des Fürstenhauses Thurn und Taxis.

BV02079548
Zu den Marken: Henri Nocq, Le Poinçon de Paris: Le poinçon de Paris. 4. Tables: Le poinçon de Paris. 5. Errata et addenda, Paris 1931, Bd. 4, S. 215, 232

BV009261717
Zum Objekt: Ausst.-Kat. Bayerisches Nationalmuseum, München, 23. Februar 1994 - 29. Mai 1994: Silber und Gold. Augsburger Goldschmiedekunst für die Höfe Europas, Reinhold Baumstark, Helmut Seling (Hrsg.), München 1994, S. 522-523, mit Anm. 29-32, Kat.-Nr. 147

BV011726896
Zum Objekt: Ausst.-Kat. Bayerisches Nationalmuseum, München, 03. Dezember 1997 - 07. Juni 1998: Von Glück, Gunst und Gönnern. Erwerbungen und Schenkungen 1992-1997, Reinhold Baumstark (Hrsg.), München 1997, S. 92, Abb. S. 93

BV012190176
Zum Objekt: Mus-Kat. Thurn und Taxis Museum Regensburg. Höfische Kunst und Kultur, Reinhold Baumstark (Hrsg.), München 1998, S. 59, Abb. m. Abb., Kat.-Nr. 5

Sammlung

Sammlung Thurn und Taxis

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