Sammlung
Frauenkleid
- Künstler/in
- –
- Entstehung
- Frankreich
- Datierung
- um 1780
- Material
- Oberstoff: Seide, Atlasbindung 4/1, bemalt, bestickt; Stickerei: Seide, Flachstich, Stielstich, Seidenatlas, Seidennadelspitze, Metallkantillen, Papier, Applikationsstickerei; Futterstoff des Oberteils: Leinen, Leinwandbindung; Futterstoff der Ärmel: Seide, Leinwandbindung; Einlage der Ärmel: Seide, Vlies; Einlage des Vorsteckers: Wolle, Maschinenwirkerei; Verstärkung des Vorsteckers: Hanf (?), Leinwandbindung; Ösen: Metall
- Maße
- Vorderteile: L. 40 cm; Rückenteile: L. 41 cm; Seitenteile: L. 29 cm; Ärmel: L. 37 cm; Vorstecker: L. 57 cm; Rockvorderteil: L. 104 cm, B. 159 cm; Teil des Manteaurocks (ehemals Inv.-Nr. 96/135.9): L. 132 cm, B. 184 cm; Teil des Manteaurocks (ehemals Inv.-Nr. 96/135.10): L. 135 cm, B. 192 cm; Figurine: H. (ca.) 150 cm, B. (ca.) 100 cm, T. (ca.) 100 cm
- Standort
- Bayerisches Nationalmuseum (Saal 87)
- Inventarnummer
- 96/135.1
- Bezug
- –
- Zugang
- Ankauf 1996, Aus dem Süddeutschen Kunsthandel, Aus der Sammlung Lillian Williams, Paris
Das zerlegte Oberteil besteht aus rechtem und linkem vorderen Oberteil (Inv.-Nr. 96/135.1-2), einem ehemaligen Stecker (Inv.-Nr. 96/135.3), rechten und linken seitlichen Rückenteilen (Inv.-Nr. 96/135.4-5), rückwärtigem Teil (Inv.-Nr. 96/135.6), linkem Ärmel mit 2 Engageantes, rechtem Ärmel mit 2 Engageantes und einer mit fortlaufendem Faden geklöppelten Spitze (Art Mechelen) (Inv.-Nr. 96/135.16). Der Oberstoff ist aus crèmefarbenem Atlas mit gestreuten Bouquets in dunkelgrüner, hellgrüner, moosgrüner, lila, dunkelroter, pink, rosa, beige, gelb, lachsfarben, hellblau, dunkelblauem Seidenfloß mit Stielstich und Plattstich bestickt. Es handelt sich um lose gestreute Wiesenblumen mit wenigen Schlaufen. Der Stoff ist an den Vorderteilen und am vorderen Stecker mit lila Bogen auf halbkreisförmigen Flächen gefärbt und mit feinstem, in Form geschnittenem Filetnetz mit Extradrehung appliziert und überstickt, wobei die Bögchen mit eng aneinanderliegenden, mit beiger Seide bedeckten, kleinsten Papierplättchen, die zu einer konvexen Rundung geformt sind und die durch eine feine, seidenüberzogene Metallfadenspirale stückchenweise an den Oberstoff genäht sind. Die flache Kante der Färbung ist mit derselben Spirale besetzt, was gleichzeitig auch den Netzgrund am Stoff fixiert. Das in einzelnen Stücken gefütterte Oberteil wurde auseinandergenommen und ist heute nur noch in seinen Bestandteilen erhalten. Die Vorderteile, heute mit rundem, breitem Ausschnitt und Schulterbändern, hatten in der ersten Ausführung tiefe Falten, die vom Schulterblatt über die Schultern auf Brustlinie zur Taille führten. An der Taille hatten sie einen sehr schräg zum Bauch führenden Abnäher. Die Vorderteile reichen am Armloch bis hinter die Seitennaht und bilden zur seitlichen Taille hin eine Rundung. An einer parallelen Nähspur erkennt man, daß die Oberteile ehemals enger waren. Beide Vorderteile sind mit beigem Futterleinenstoff gefüttert, wobei die vorderen Kanten, der Ausschnitt und die Schultern mit dem Oberstoff verstürzt sind. Es ist möglich, daß das Futter original von der ersten Verarbeitung stammt, weil es viele Näh- und Faltenspuren aufweist. In einer Überarbeitung wurden die Falten flach gelegt und der Abnäher geöffnet. Die Schulter wurde getrennt und als ein Extraband angenäht. Das lange Oberteil hat beidseitig am unteren Spitz Stickereimotive, die sich auf dem Manteaurock fortsetzen. Wenn man die Oberteile an diese vorderen Manteaukanten an der Taille legt, kann man genau nachvollziehen wie die Stickerei verlief und wie das Oberteil in der Überarbeitung in je einem Spitz vom vorderen Rock abgetrennt wurde. Der fehlende Stoff wurde am Rock mit Resten aus demselben Stoff ersetzt. Somit ist nachzuvollziehen, daß rechts und links der vorderen Kante über der Brust eine Falte war, die bis zur Taille an das Oberteil genäht war und die danach bis zum Saum offen weiterlief. Seitlich ging das Oberteil anliegend bis zur Seitennaht, wo es an der Taille einen schräg nach unten verlaufenden Abnäher hatte. Der Rock verbreiterte sich sehr zu den Seiten hin und wurde in regelmäßigen, zur Seite liegenden Falten gelegt und an das Oberteil angenäht. In der jetzigen Ausführung ist der vordere Verschluß der beiden Oberteile, deren untere Kanten mit 3 freiliegenden Bogen aus demselben Stoff verlängert wurden, nicht klar. Oberhalb dieser Bogen ist die alte Naht, wo der Rock an das Oberteil geheftet war, noch gut zu erkennen. Dazu gibt es einen stark überarbeiteten Stecker, der auf der rechten Seite Ösen hat, einen runden kleinen Ausschnitt und links eine Verlängerung zu den Schultern hoch. Diese Verlängerung wurde mit der Nähmaschine angenäht. Dieser Stecker ist heute mit einem bräunlichen, schräg geschnittenen Hanfstoff verstärkt, der mit einem Flanelltrikot bedeckt ist. Auf Brusthöhe wurden zwei zur Seite querlaufende, kleine Abnäher genäht, die darauf hinweisen, daß die Überarbeitung auf den Stil einer Taubenbrust vom Ende des 19. oder Anfang des 20. Jhs. zurückzuführen ist. Die Länge des Steckers entspricht genau der des langen, zu einem Spitz führenden Vorderteils. Links der Stickerei, die sich gegen den Bauch hin stark verjüngt, ist die Umlegfalte zu erkennen, wobei die Kante an der rechten Seite in der letzten Überarbeitung neu geformt wurde und innen mit 12 Ösen aus Messing besetzt wurde. Die bemalten Bogen unter dem Netz sind beim Stecker beidseitig appliziert und überstickt. Beidseitig an den seitlichen Vorderteilen würden die rückwärtigen Teile ansetzen, die oben am Schulterblatt beginnen, ein Stück des Armlochs bilden und dann bis zur Taille weiterführen, wo sie sich stark verbreitern, und gegen das Rückenteil nach unten verlängern. Diese Teile passen beidseitig perfekt an die Vorderteile. Beide seitlichen Teile sind nicht gefüttert. Der rückwärtige Teil hat eine mittlere Naht, setzt seitlich an den Schulterblättern an und bildet gegen das Zentrum hin einen leichten runden Ausschnitt. Das Rückenteil verjüngt sich sehr gegen die Taille hin, wo es bis auf Gesäßhöhe gerade weiterläuft. An der unteren Kante endet das rückwärtige Teil gerade und ist einige Zentimeter nach innen eingelegt, wo auf dem rechten Teil ein Stückchen Stickerei noch vorhanden ist, das genau an den rückwärtigen Rock paßt, d.h., es handelt sich um eine ehemalige Robe à l'Anglaise, indem das Oberteil ununterbrochen in den Rock weiterlief, der rechts und links sich verbreiterte und in Falten lag. Das Rückenteil ist mit beigem Futter gefüttert und in der Mitte zusammen verarbeitet. Es ist anzunehmen, daß jedes einzelne Stück ehemals mit dem Futter zusammen verarbeitet war. Wenn die seitlichen Rückenteile am rückwärtigen Teil angelegt werden, kann man eine Nähspur, die zu einem rückwärtigen zentralen Spitz führt, gut erkennen. An dieser Stelle war der Rock in der zweiten Ausführung angenäht. Die Ärmel sind gerade und reichen bis über den Ellbogen, wo sie sich nach außen hin verlängern. Auch die Ärmel wurden überarbeitet, wobei es sich wohl nur um eine Verbreiterung handelte. Die Ärmel würden an der Schulter ansetzen, wo sie gerade geschnitten sind, und wo sie z.T. noch eingereiht sind. Die Ärmel waren ehemals kürzer und wurden beidseitig um ca. 8 cm verlängert, auch das Futter wurde verlängert. Am alten, kurzen Ärmel sind an der unteren Kante zwei bis drei Einstichreihen zu sehen, wo die jeweiligen Engageantes ehemals angenäht waren. Es ist möglich, daß die Verlängerungsstücke aus den halben, abgeschnittenen Bahnen genommen wurden. Beide Ärmel haben je 2 dazu passende Engageantes, die z.T. noch eingereiht sind und die sich gegen den äußeren Ellbogen stark verlängern würden. Diese Engageantes enden in großen Bogen, die am äußeren Rand mit seidebedeckten Papierplättchen und Spiralen verziert sind, an deren äußerer Kante ein aus beiger Seide geklöppelter Grund (Dieppe-Grund) ist, und deren äußere Kanten mit einem beigen Chenillefaden umnäht sind. Die Engageantes sind mit beiger Seide gefüttert. Eine lose, geköppelte Leinenspitze (Art Mechelen) mit Grund und Blümchen war wahrscheinlich ehemals innen am Ausschnitt des Oberteils angenäht./1996.07.25/Borkopp, Dr. Birgitt, Jolly, Dr. Anna, Schoenholzer-Nichols, Thessy, 1996.07.25
BV042233247
Zum Objekt: Ausst.-Kat. Bayerisches Nationalmuseum, München, 2014: Mode aus dem Rahmen. Kostbar bestickte Kleidung des späten 18. Jahrhunderts, Renate Eikelmann (Hrsg.), München 2014, S. 6-12, Abb. 2 5, S. 16-21, Abb. 13 15, S. 24-29, Abb. 17-21, S. 30-37, Abb. 22-24 26-30, S. 41, Abb. S. 41, Kat.-Nr. 1
BV046127680
Zum Objekt: Kat. Barock in Bayern. Bauer'sche Barockstiftung Förderprojekte 2014-2018, Bauer'sche Barockstiftung (Hrsg.), München 2019, S. 141-143 (mit Abb.)
Sammlung
Sammlung Lillian Williams
Systematik
Kleidung [Bekleidung, Kostüm] - Kleid