Sammlung

Caraco aus rotem Samt mit rundem Halsausschnitt,

Künstler/in
Entstehung
Italien (?)
Datierung
um 1780/1790
Material
Oberstoff: Seide, Samt; Futterstoff: Leinen, Leinwandbindung; Gewebe der Schnürleiste: Leinen, Leinwandbindung, indigogefärbt; Besatzband: Seide, Leinwandbindung
Maße
L. (vorn) 36 cm, L. (hinten) 55,5 cm, L. (Ärmel) 56 cm, B. (Rücken) 37 cm, U. (Oberweite) 91 cm, U. (Taille) 72,5 cm
Standort
Bayerisches Nationalmuseum (nicht ausgestellt)
Inventarnummer
96/148
Bezug
Zugang
Ankauf 1996, Aus dem Süddeutschen Kunsthandel, Aus der Sammlung Lillian Williams, Paris

Der Oberstoff ist aus purpurrotem Seidensamt, bis zur Taille und in den Ärmeln mit beigem, bräunlichem Leinenfutter gefüttert und an den äußeren Kanten verstürzt. Die vorne offene Jacke reicht bis über die Hüfte, hat einen runden Ausschnitt und besteht aus zwei Vorder- und zwei Rückenteilen, die hinten über dem Gesäß einen Schoß bilden und zweiteiligen, in Form geschnittenen Ärmeln, die bis zum Handgelenk reichen. An den breiten, rückwärtigen Teilen, am Gesamtschnitt und an den flachanliegenden Ärmeln am Armloch und ihrer Breite erkennt man, daß es sich ehemals um ein Herrenkostüm handelte. Es ist auch anzunehmen, daß dasselbe Futter bei der Überarbeitung zu einer Damenjacke übernommen wurde. Es handelt sich sehr wahrscheinlich um einen Herrenrock (Justaucorps) vom Anfang des 18. Jhs. mit weiten seitlichen Falten und zweiteiligen Ärmeln, die unten mit breiten Aufschlägen versehen waren. Es ist anzunehmen, daß dieser Herrenrock an den Kanten und an den Ärmelaufschlägen reich mit Gold- und Silberposamenten verziert war. Die Jacke im heutigen Zustand weist an den Vorderkanten in einem V-Motiv rings um den Ausschnitt und an den Ärmeleinsätzen Druckspuren früherer Posamente auf, die vielleicht noch vom Herrenrock stammen, obwohl sie der neuen Form angepaßt wurden. Diese Spuren sind auch im Futter als Einstichspuren vorzufinden. Um den Rock der Frau und dem späteren 18. Jh. anzupassen, wurde der Halsauschnitt zu einem großen, runden Ausschnitt, der Rock wurde bis auf die Hüfthöhe gekürzt, wobei auch die riesigen Falten kleiner geschnitten wurden. In der heutigen Ausführung würden sie eher flach über dem an der Taille stark eingereihten Rock liegen, was einem Damenreitrock nicht unähnlich wäre. Die Seitennähte und die oberen Außenkanten der Ärmel wurden ausgelassen, vielleicht für diese feminine Ausführung oder schon früher. Dieser Schritt ist auch im Futter, wenn auch nicht so stark, nachzuvollziehen. Die zwei Vorderteile gehen gerade vom Ausschnitt bis über den Bauch, wo sie einen abgerundeten Spitz bilden. Längs der beiden vorderen Kanten innen sind sie mit je einer Passe, die als verdeckter Verschluß dient, versehen. Innen sind die Passen aus blauem Leinenfutter und außen aus beigem Leinenstoff. An den Kanten haben sie beidseitig 10 schlecht versäuberte Löcher, die zum Schnüren dienten. Die Vorderteile laufen über die Schulter, wo sie sich am Armloch nach hinten schräg verlängern, seitlich laufen sie bis weit über die Seitennaht, wo sie auf Achsellinie an den Rückenteilen anliegend genäht sind. Längs dieser Naht wurden die Vorderteile am Armloch um 4 cm, nach unten hin auslaufend, verbreitert. Unter der Taille sind die Vorderteile sowie die Rückenteile schräg nach außen geschnitten und zusammengenäht, was eine Art Godet bildet, wobei dieser Schoß nicht gefüttert ist. Der Stoff wurde an der unteren Kante nach außen gelegt und mit Vorstichen angenäht. Dieser Saum wurde mit einem gelben, doppelt plissierten Seidenband bedeckt, wobei nicht mehr viel davon übrig ist. Die Rückenteile reichen vom rechten zum linken Armloch, haben eine mittlere Naht und setzen an den hinteren Schultern und am Ausschnitt an. Sie verjüngen sich gegen die Taille, verbreitern sich darunter und bilden -wie schon beschrieben- auch in der rückwärtigen Mitte über dem Gesäß ein Godet. Die Ärmel sind zweiteilig mit Ober- und Unterärmel, sie sind am Ellenbogen mit einer Kurve versehen. Wie schon erwähnt wurde die Naht am Oberärmel bis über den Ellenbogen um 1,5 cm ausgelassen. Da auch die Seitennaht ausgelassen war, mußte man am Armloch nichts ändern, der Ärmel wurde aber beidseitig ohne Einreihung eingenäht. Die Ärmel verjüngen sich gegen das Handgelenk, wo sie beide mit einer 8 cm breiten Manschette versehen sind, die zur gleichen Form wie die Ärmel geschnitten sind. Diese Manschetten wurden sehr wahrscheinlich aus den ehemaligen Aufschlägen geschnitten. An der Außenseite haben die Ärmel und Manschetten einen Schlitz, deren beide Kanten mit je zwei, mit Knopflochstich verstärkten Schlaufen versehen sind.

Sammlung

Sammlung Lillian Williams

Systematik

Kleidung [Bekleidung, Kostüm] - Kleid - Kleidoberteil

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