Sammlung

Mieder

Künstler/in
Entstehung
Süddeutschland (?), Österreich (?), Italien (?)
Datierung
um 1780/1800
Material
Oberstoff: Seide, Metall, Leinwandbindung mit zusätzlicher Flottierkette, broschiert; Futterstoff, oben: Leinen, Leinwandbindung, geglättet (Oberfläche); Futterstoff, unten: Leinen, Leinwandbindung, gebleicht; Futtermaterial der Schoßteile: Rauhleder; Besatzbörtchen: Metall, Seide, Posamentenarbeit; Dekorborte: Metall, Seide, Posamentenarbeit; Bezugsstoff der Hüftpolster: Leinen, Leinwandbindung; Schnürkordel: Seide, gezwirnt, Metall; Versteifung: Fischbein, Stäbe
Maße
L. (vorn) 31 cm, L. (hinten) 39,5 cm, U. (Oberweite) 82 cm, U. (Taille) 63,5 cm
Standort
Bayerisches Nationalmuseum (nicht ausgestellt)
Inventarnummer
96/258
Bezug
Zugang
Ankauf 1996, Aus dem Süddeutschen Kunsthandel, Aus der Sammlung Lillian Williams, Paris

Das hinten offene Mieder ist sehr steif und sehr tailliert geformt, hat vorne eine großen Ausschnitt und endet auf Bauchhöhe in einem Spitz. Die vordere Mitte wölbt sich zu einer spitzen Kante, die innen durch ein straff angezogenes Futter in Form gehalten wird. Zwischen Futter und Mieder entsteht ein Hohlraum, der am Ausschnitt eine kleine Tasche ergibt. Der Miederoberstoff ist aus brauner, in diamantenförmigem Gittermuster gemusterter Seide, das mit roten, grünen, weißen, hellblauen, blauen Seidenstoff und Goldfaden auf gelber Seidenseele broschierte Blumenmuster und Ranken versehen ist. Der Oberstoff wurde zusammen mit den verschiedenen Lagen der Miederstruktur in Längsparallelen geraden z.T. schrägen Linien zusammengenäht, durch deren Tunnel jeweils Weiden- oder Fischbeinstäbe führen. Innen unter dem Futter sind am vorderen Ausschnitt und unter den Armen sowie in der rückwärtigen Schultergegend querliegende Fischbeinstäbe zur zusätzlichen Versteifung eingenäht. Dadurch, daß das Mieder ganz mit oben lachsfarbenem, gewachsten Leinen und von der Brust aus mit weißem Leinen gefüttert ist, ist es schwer festzustellen, aus wie vielen Teilen das Mieder zusammengefügt ist. Die möglichen Längsnähte sind außen am Mieder mit je 8 schmalen Goldbändern versehen. Es ist möglich, daß die Vorderteile 2 Teile mit mittlerer Naht haben, je 2 seitlich nach vorne schrägliegende Seitenteile und je 2 rückwärtige Teile. Das Mieder ist fest bis auf Taillenhöhe, darunter läuft es in 8 verschieden lange und verschieden versteifte Laschen aus, die seitlich mit Leder unterlegt und eingefaßt sind. Die 4 hinteren Laschen, der vordere Spitz und deren Verzierung sind mit rostroter Seide eingefaßt. Diese lagen jeweils über dem Rock. Rechts und links des Ausschnitts setzen die 26 cm langen, nach hinten breiter werdenden, weichen Schulterbänder an, die auf Schulterhöhe unter die gerade endenden, rückwärtigen Teile lang oder kurz angenäht werden können. Die oberen Kanten und die Schulterbänder sind mit rostrotem Seidenband eingefaßt. Das Mieder ist vorne am Ausschnitt an den vorderen Schultern mit Posamentenspitzen aus Goldlamée und Goldfaden auf gelber Seidenseele verziert. Es handelt sich um fortlaufende und unterbrochene Bänder in Klöppeltechnik mit Heftstichen. Die Motive sind Muscheln und Blumen und geschwungene Bänder. In der vorderen Mitte unterhalb der Spitzenverzierung ist eine zum Bauch hin sich verjüngende, falsche Schnürung aus Goldschnüren aufgelegt, die rechts und links durch braune Seidenbänder führen, die an das Oberteil fixiert sind und mit ähnlicher, wie oben beschriebener Posamentengoldspitzen bedeckt und verziert sind. Das Mieder reicht über den Bauch und verjüngt sich dort stark, wo es eine scharfe Spitze bildet, die unten mit einem blattförmigen Teil aus Oberstoff unterlegt ist. Seitlich laufen je 2 Verlängerungslaschen rechts und links der Spitze aus. Wie beschrieben, liegen diese 3 Teile über dem Rock. Auf Taillenhöhe über den Laschen sind rechts und links mit Vlies gefüllte Leinenstoffwülste außen angenäht, die den Rock seitlich hochhielten. Um seitlich die Hüften noch stärker auszubilden, wurde beidseitig auf Rippenhöhe ein Zwickel eingesetzt, der in einer Lasche endet. Die rückwärtigen Teile setzen quer hinter dem Nacken an, darunter bilden sie an den Schulterblättern eine starke Wölbung. Die linke, rückwärtige Wölbung auf Schulterhöhe ist auf der linken Seite innen stark mit Vlies ausgefüllt. Es ist möglich, daß die Trägerin einen rechten Buckel hatte, der links ausgeglichen wurde. Die rückwärtigen Kanten sind stark versteift, dahinter sind vom Ausschnitt bis zur Taille je 8 versäuberte Schnürlöcher. Darunter läuft das Rückenteil in einer versteiften Verlängerung weiter./Borkopp, Dr. Birgitt, Jolly, Dr. Anna, Schoenholzer-Nichols, Thessy, 1996.09.04
(Systematik: Kleidung - Mieder)

Sammlung

Sammlung Lillian Williams

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