Sammlung
Größerer Rockknopf
- Künstler/in
- –
- Entstehung
- Deutschland (?)
- Datierung
- um 1774-1775
- Material
- Silber, gegossen; Diamant, geschnitten, Brillantschliff
- Maße
- H. (ca. mit Öse) 1,35 cm, Dm. 2,16-2,23 cm
- Standort
- Bayerisches Nationalmuseum (nicht ausgestellt)
- Inventarnummer
- 93/269.27
- Bezug
- Inv.-Nr. 93/269.1-27 - 93/273.1-16 (Brillantgarnitur des Fürsten Carl Anselm)
- Zugang
- Öffentlich-rechtlicher Übertragungsvertrag 1993, Fürst Thurn und Taxis Kunstsammlungen, Regensburg
1774 wurde Fürst Carl Anselm von Thurn und Taxis zum Kaiserlichen Prinzipalkommissar am Immerwährenden Reichstag ernannt. Ein Jahr darauf erfolgte die Aufnahme in den Orden vom Goldenen Vlies. Gewiß aus Anlaß der beiden Ereignisse von hoher zeremonieller Bedeutung gab Carl Anselm, dem an einer glanzvollen Darstellung fürstlicher Magnifizenz außerordentlich gelegen war, eine umfangreiche Brillantgarnitur in Auftrag. Der Fürst nahm zu diesem Zweck hohe Summen bei Bankiers namentlich in Frankfurt auf, die er jedoch binnen kurzer Frist zurückzahlte. Die Ausführung lag eventuell in den Händen des Wiener Juweliers Jakob Wiesinger, der 1756-1802 als Meister tätig war und die Stellung eines fürstlichen Hofjuweliers innehatte
Aus dem 1796 aufgestellten Schmuckinventar lassen sich der Umfang der Brillantgarnitur und die Bestimmung ihrer Bestandteile erschließen. Zur Rekonstruktion der Parure können auch die auf den Rückseiten befindlichen Nummern beitragen. Der Überrock, das "Habit", war mit den durch die kleeblattartigen Schleifen und je zwei herabhängende Quasten gekennzeichneten "Brandebourgs" versehen, bei denen es sich um tressenartige Besätze in Art von Knopflochschlingen handelt; hier gab es auf beiden Seiten des "Habit" ursprünglich mindestens je 30 "Brandebourgs", denen 30 rechts am Überrock befestigte große Brillantknöpfe entsprachen. Zudem war die unter dem Überrock getragene Weste auf der rechten Seite mit einer Reihe kleinerer Brillantknöpfe besetzt. Weitere Brillantknöpfe und zwei ziselierte Goldknöpfe zierten nach Aussage des Inventars die Manschetten der Ärmel des Überrocks; auch fanden sich zwei Knieschnallen und eine Hutagraffe. Überdies waren die Säume der Weste mit Brillanten versehen. Die Garnitur wurde durch eine Tabatiere, einen Degen und einen Stock sowie durch zwei Kleinode des Ordens vom Goldenen Vlies und eine Brillantkette - für die im Sommer zu tragenden Vliesdekorationen - ergänzt.
Heute sind noch insgesamt 28 "Brandebourgs" sowie 27 größere und 18 kleinere Knöpfe erhalten. Nicht bekannt ist die ursprüngliche Funktion zweier großer tressenartiger Behänge, die möglicherweise als Besatz der beiden Taschen oder auch als Epauletten anzusehen sind. Eine genauere Bestimmung ist kaum möglich, zumal die Garnitur ohnehin schon bald nach ihrer Entstehung mehrfache Modifizierungen erfuhr.
Die Brillantgarnitur diente einst zur Ausschmückung des Galakostüms, das der Fürst von Thurn und Taxis in seiner Eigenschaft als Kaiserlicher Prinzipalkommissar in Regensburg trug. Nach zeitgenössischen Beschreibungen handelte es sich um die Tracht eines spanischen Granden mit schwarzseidenem Mantel. Hierunter ist wohl das sogenannte Spanische Mantelkleid - die Zeremonialgewandung des Wiener Hofes - zu verstehen. Angesichts der Ungewißheiten hinsichtlich der Form wie der textilen Ausbildung jenes betont altertümlichen Habits ist für die Präsentation in Regensburg ein schwarzseidener Herrenrocks im Schnitt des 18. Jahrhunderts gewählt, der als Träger der Brillantgarnitur dient.
Das vielteilige
Schmuckensemble, das sich ganz auf Brillanten beschränkt, ist durch qualitätvolle Steine in hervorragendem Schliff ausgezeichnet, die sehr dicht in "Pavé"-Fassungen gesetzt sind, so daß die Silbermontierung kaum in Erscheinung tritt. Die stark lineare Konzeption kann als Charakteristikum des Juwelierschmucks des letzten Drittels des 18. Jahrhunderts gelten. Vergleichbare Beispiele sind in Deutschland heute nur noch im Grünen Gewölbe zu Dresden erhalten; selbst dort findet sich jedoch keine derart umfangreiche Parure.
BV004229964
Zum Objekt: Ausst.-Kat. Schloß St. Emmeram Regensburg, 1990: 500 Jahre Post, Ausstellung in Schloß St. Emmeram. Bd. 10, o.O. 1990, Kat.-Nr. 10
BV011726896
Zum Objekt: Ausst.-Kat. Bayerisches Nationalmuseum, München, 03. Dezember 1997 - 07. Juni 1998: Von Glück, Gunst und Gönnern. Erwerbungen und Schenkungen 1992-1997, Reinhold Baumstark (Hrsg.), München 1997, S. 126, Abb. S. 127
BV012190176
Zum Objekt: Mus-Kat. Thurn und Taxis Museum Regensburg. Höfische Kunst und Kultur, Reinhold Baumstark (Hrsg.), München 1998, S. 122-123, Abb. S. 123, Kat.-Nr. 38
BV017245521
Zum Objekt: Dissertation, Christoph Meixner, Musiktheater in Regensburg im Zeitalter des Immerwährenden Reichstages (Musik und Theater, Bd. 3), Sinzig 2008, Abb. 83, S. 565
BV035577811
Zum Objekt: Ausst.-Kat. Schloss Versailles, Paris, 31.03.-28.06.2009: Fastes de cour et cérémonies royales. Le costume de cour en Europe 1650-1800, Paris 2009, S. 100 f., Abb. 73, Kat.-Nr. 56
Sammlung
Sammlung Thurn und Taxis
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