Sammlung
Schreibtisch mit Aufsatz
- Künstler/in
- Franz Xaver Fortner
- Entstehung
- München
- Datierung
- 1846
- Material
- Holz, furniert, Palisanderholz (Furnier), Eibenholz (Furnier, innen), Messingblech, Kupferblech, Zinnblech, Elfenbein, Perlmutt, hintermalt, Boulle-Technik
- Maße
- H. 166 cm, B. 99,5 cm, T. 67 cm
- Standort
- Bayerisches Nationalmuseum (nicht ausgestellt)
- Inventarnummer
- 2004/392.1-2
- Bezug
- –
- Zugang
- Geschenk 2010, Privatbesitz. 2004 erworben im Kunsthandel
Ein Meisterstück aus der Münchner Möbelmanufaktur des Franz Xaver Fortner; Franz Xaver Fortner beherrschte verschiedene Dekortechniken in höchster Perfektion. Er war spezialisiert auf die Verwendung gemischter Furniermaterialien, d.h. er kombinierte Hölzer mit anderen organischen und anorganischen Substanzen. Für den Aufsatzsekretär kamen Palisanderfurnier (?), Kupfer-, Messing- und Zinnblech sowie Perlmutt, Elfenbein, Schildpatt (-imitat?) und untermaltes Horn zum Einsatz. Besonders interessant sind die eingesetzten Marketerieelemente, die auf den Türen und an den Seiten jeweils in den Ecken der Flächen zu sehen sind. Hier wurde an der für das florale Ornament vorgesehenen Stelle zuerst ein Stück aus dem Furnierblatt ausgeschnitten, und zwar mit wellenförmiger Kontur, damit es sich nach dem Wiedereinleimen optisch besser einfügte. Anschließend wurde das ausgeschnittene Furnierstück in einer besonderen Schnitttechnik mit dem Dekor versehen. In einem letzten Arbeitsschritt furnierte man die gesamten Flächen mit den Dekorelementen auf und fügte die rahmenden Metallbänder ein. Diese Verfahrensweise vereinfachte das Herstellen der Eckdekore, da nicht mit großen Furnierblättern hantiert werden musste. Das Schreibmöbel stammt aus der Werkstatt des Schreinermeisters Franz Xaver Fortner (1798 -1877), der im 19. Jahrhundert zu den international erfolgreichsten Möbelkünstlern Münchens zählte. Fortner war Sohn eines Münchner Hofschreiners und gründete nach Aufhebung der engen Zunftvorschriften Anfang des 19. Jahrhunderts eines der ersten großen Möbelunternehmen, das sowohl nach Russland, als auch nach Frankreich und England lieferte. Den besonderen Erfolg seiner Arbeiten verdankte er der ursprünglich im 18. Jahrhundert in Frankreich entwickelten Boulle-Technik. Seine Marketerien aus farbig hinterlegtem Horn, Messing, Schildpatt und verschiedenen Hölzern schützte er durch eigene Patente.; Die Palette der für die Untermalung verwendeten Farbmittel konnte mit einem zerstörungsfreien Messverfahren (UV-VIS-Spektroskopie) identifiziert werden. Die Untersuchungen am Sekretär ergaben, dass Fortner für die Untermalungen nicht nur tradierte Farbmittel verwendete, sondern auch modernste Entwicklungen der Farbtechnologie nutzte.; Stilistisch sind die Arbeiten aus der Fortner-Werkstatt dem frühen Historismus zuzuordnen: In Produkten von der Neogotik (Möbel für Schloss Hohenschwangau) bis hin zum Neorokoko war die Firma führend. Der hier gezeigte Schreibsekretär im Neorokoko-Stil war ursprünglich Teil einer kompletten Zimmerausstattung mit Wandschränkchen und Regalen, nach mündlicher Überlieferung gefertigt für eine bekannte Schauspielerin in München.; Die Motive der eleganten Boulle-Arbeit weisen ebenfalls auf eine weibliche Auftraggeberin: Spielende Putten an der Schreibklappe werden ergänzt durch Diana-Darstellungen an den Türen des Aufsatzes.
BV038940680
Zum Objekt: Aukt.-Kat. Auktionshaus Sotheby's (Hrsg.): 2002.06.26, Sale AM0853, 18th and 19th century furniture, Amsterdam 2002, Kat.-Nr. 85
BV002596995
Zum Objekt: Jahresbericht Bayerisches Nationalmuseum München 2008-2009, Renate Eikelmann (Hrsg.), München 2010, S. 25 f., Abb. S. 25