Sammlung

Balusterpokal mit Deckel und Bildnis Kaiser Leopolds I.

Künstler/in
Glasschneider: Hermann Schwinger (?)
Entstehung
Nürnberg
Datierung
um 1682
Material
Glas (farblos), geblasen, geschnitten, geblänkt, Diamantriss; Manschette: Silber
Maße
Pokal mit Deckel: H. 43,5 cm, G. 678,5 g; Pokal: H. 33,8 cm, Dm. (Fuß) 14,6 cm, Dm. (Lippenrand) 12,1 cm, Wandungsstärke (Lippenrand) 0,23 cm, G. 493,4 g; Deckel: H. 14,5 cm, Dm. 12,7 cm, G. 185,1 g
Standort
Bayerisches Nationalmuseum (Saal 92)
Inventarnummer
L 2018/71.1-2
Bezug
Zugang
Unbefristete Leihannahme 2018, Museumsstiftung zur Förderung der Staatlichen Bayerischen Museen. Stiftung Sammlung Friedlaender

Der große Tellerfuß des Pokals blieb undekoriert. Der Balusterschaft aus zweifach gruppierten Ringscheiben und Hohlpuffen weist eine alte Restaurierung auf, bei der der obere Hohlkugelknauf durch eine Silbermanschette ersetzt wurde. Die Kuppa ziert auf der Vorderseite ein Porträt Kaiser Leopolds I. im Dreiviertelprofil nach rechts, das von zwei gebundenen Lorbeerzweigen eingerahmt wird. Auf der Gegenseite der Kuppa erscheint im Medaillon aus rahmenden Lorbeerzweigen vor mattiertem Fond der geblänkte Doppeladler unter der Kaiserkrone mit den Reichsinsignien in den Klauen und dem österreichisch-lothringischem Wappen als Herzschild. Die seitlichen Zwischenräume füllen jeweils mehrzeilige kalligraphische Inschriften, die von schwungvollen Schnörkeln umgeben sind: „Vivat/Leopoldus/Vivat.“ Sowie „Romano/rum/Impera/tor.“. Der Pokaldeckel mit umlaufender zarter Lorbeerranke wird von einem hohen Knauf mit Hohlpuffe und zweifach gruppierten Ringscheiben bekrönt; auf dem kugeligen Abschluss sitzt eine kleine Beerennuppe. Das meisterlich modellierte Bildnis Leopolds I., die schwungvolle Inschrift, die hohe Präzision in der Darstellung des Reichsadlers mit dem wirkungsvoll als Kontrastmittel eingesetzten Blankschnitt finden sich nahezu übereinstimmend bei einem von dem Nürnberger „Cristall-Schneider“ Hermann Schwinger (1640–1683) signierten Pokal in der Sammlung Ernesto Wolf im Landesmuseum Württemberg in Stuttgart. Klesse nimmt an, dass letzterer aus dem gleichen Jahr stammt wie der von Schwinger signierte und aufgrund des Chronogramms 1682 datierte Pokal mit dem Bildnis des Nürnberger Patriziers Gabriel Nützel im Bayerischen Nationalmuseum (Inv.-Nr. 60/80). Diesem lässt sich ein weiterer, ebenfalls durch Chronogramm auf das Jahr 1682 zu datierender Pokal mit dem Bildnis des Nürnberger Ratsmitglieds Paul Albrecht Rieter, Herr zu Kornburg, Kalbensteinberg und Harlach, zur Seite stellen (ehemals Sammlung Helfried Krug). Mit dem Pokal der Sammlung Friedlaender wird das Œuvre Schwingers um ein bedeutendes Spätwerk, vermutlich ebenfalls aus dem letzten Jahr vor dessen Tod, bereichert. Bei allen genannten Beispielen weist sich der Glasschneider als Meister des Porträtschnitts aus, dem es gelingt, die Dargestellten mit feiner Beobachtungsgabe zu charakterisieren.

BV002957171
Zum Objekt: Erich Meyer-Heisig, Der Nürnberger Glasschnitt des 17. Jahrhunderts, Nürnberg 1963, S. 54-62, 86, Kat.-Nr. WT 89, 91

BV002539476
Zum Objekt Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst, 3. Folge, Bd. 70, München 2019, S. 213 f., Abb. 9

Sammlung

Sammlung Friedlaender

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