Sammlung

Büste: Kaiser Karl VII.

Künstler/in
Modell: Johann Joachim Kändler, Ausführung: Peter Reinicke, Porzellanmanufaktur Meißen
Entstehung
Meißen
Datierung
zwischen 1742 und 1745
Material
Hartporzellan
Maße
Büste ohne Sockel: H. 38,7 cm, B. 28,6 cm, T. 18,3 cm, G. 5040 g
Standort
Bayerisches Nationalmuseum (Saal 98)
Inventarnummer
2019/36.1
Bezug
Zugang
Ankauf und Unbefristete Leihannahme 2019, Erworben mit Hilfe der Ernst von Siemens Kunststiftung und mittels einer Spende von B. Michael Andressen in Erinnerung an Dr. Alfred Ziffer, Aus dem Kunsthandel, London, Aus der Sammlung Sir Jeffrey Tate, Aus der Sammlung Rudolf Just, Prag, Tschechoslowakische Republik (nach Enteignung), Aus der Sammlung der Grafen von Waldstein

Die nahezu lebensgroße, nur in dieser einen Ausformung erhaltene Porzellanbüste zeigt, wie am unteren Sockelrand zu lesen, »CAROLUS VII«, also den bayerischen Kurfürsten Karl Albrecht (1697–1745), der 1742 als Karl VII. zum Kaiser gekrönt wurde. Dargestellt ist er in einem Brustpanzer mit Löwenkopfepauletten, einem Manteltuch mit Hermelinbesatz und mit Lorbeerkranz. Dies stellt ihn in die Tradition antiker Kaiser und betont somit die hohe Würde und die Legitimation dieses einzigen Kaisers der Neuzeit, der nicht aus dem Hause Habsburg stammte. Im Gegensatz zu Marmor war für große Büsten das neu erfundene Porzellan ein äußert selten verwendetes Material. Die Herstellung mit Modell und Negativformen war aufwendig, und die zahlreichen Brandrisse zeugen von den enormen Schwierigkeiten beim Brand eines so großen Stücks. Künstlerisch ist das fein gebildete, lebendige und physiognomisch treffende Porträt von hoher Qualität und sicher dem Meißener Chefmodelleur Johann Joachim Kaendler zuzuschreiben, auch wenn die Büste in den Manufakturakten nicht dokumentiert ist. Sie muss zur Zeit der Kaiserkrönung entstanden sein, die nach langwierigen Verhandlungen im Februar 1742 in Frankfurt erfolgte, denn bereits kurz nach der Krönung änderten sich die Allianzen. Bayern wurde von Habsburger Truppen besetzt. Der unglückliche Kaiser konnte erst kurz vor seinem Tod nach München zurückkehren. In diesen Jahren war wenig Anlass zur Bestellung einer solchen Büste, was sich auch danach nicht änderte, als 1745 doch der Habsburger Kandidat, Maria Theresias Gemahl Franz Stephan von Lothringen, sein Nachfolger wurde. Als Auftraggeber für die Büste kommt neben dem designierten Kaiser besonders sein jüngerer Bruder, der Kölner Erzbischof und Kurfürst Clemens August, in Betracht, der in diesem besonderen Fall die Kaiserkrönung vornehmen durfte. Er war ein wichtiger Kunde der Meißener Porzellanmanufaktur und hatte gerade ein umfangreiches Tafelservice nach neuem Entwurf bestellt. Infrage käme noch Karl Albrechts sächsischer Schwager August III., der Besitzer der Meißener Manufaktur, oder dessen Gattin, die die Schwester der Gemahlin Karl Albrechts war. In ihrem Auftrag entstand zwischen 1744 und 1747 eine Serie von insgesamt 17 ähnlichen, wenn auch künstlerisch schwächeren postumen Porträts von Habsburger Herrschern, Königen und Kaisern, angefangen bei Rudolf I. Die Büste des Wittelsbachers Karl VII. gehört wegen des Familienbezugs nicht zu dieser Habsburger Serie, dürfte aber die Anregung dazu gegeben haben. Die Büste befand sich bis 1945 in Schloss Dux im Besitz der Grafen von Waldstein, später in der Sammlung von Rudolf Just in Prag. Für das Museum ist die Büste Karls VII. von besonderem Wert, denn die herausragende Meißen-Sammlung des Hauses geht zum Großteil auf den Dargestellten zurück, der über seine Gemahlin mit dem sächsischen Kurfürsten verschwägert war und Meißener Porzellan bereits 1722 zur Hochzeit und 1742 aus dem Erbe der gemeinsamen Schwiegermutter erhalten hatte.

BV012276637
Zum Objekt: Gustav Edmund Pazaurek, Altmeißen in Reichenberg, in: Mitteilungen des Nordböhmischen Gewerbemuseums 23. Jg. Heft 3, Reichenberg 1905, S. 103-115, S. 113

BV002696606
Zum Objekt: Rudolf Just, Die Kaiserbüsten von Kändler, in: Keramikfreunde der Schweiz. Mitteilungsblatt Heft 42, Zürich 1958, S. 15-16, S. 15-16, Abb. Taf. VI, Abb. 18

BV037868467
Zum Objekt: Aukt.-Kat. Christie's London (Hrsg.): 25.02.1991, European ceramics from various sources, London 1991, Kat.-Nr. 173

BV037659498
Zum Objekt: Ausst.-Kat. The Bard Graduate Center for Studies in the Decorative Arts, Design und Culture, New York, 15.11.2007-10.02.2008: Fragile Diplomacy. Meissen Porcelain for European Courts ca. 1710-1763, Maureen Cassidy-Geiger (Hrsg.), New York 2007, Abb. Kap. 6, Büste 18, Kat.-Nr. 99

BV036440713
Zum Vergleich: Ausst.-Kat. Triumph der blauen Schwerter - Meißner Porzellan für Adel und Bürgertum 1710-1815; Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Dresden; 08. Mai 2010 - 29. August 2010: Triumph der blauen Schwerter. Meißner Porzellan für Adel und Bürgertum 1710-1815, Dresden 2010, Kat.-Nr. 396

BV046667055
Zum Objekt: Katharina Hantschmann, Zur Erinnerung an unseren Vizepräsidenten Dr. Alfred Ziffer 20. April 1957 - 19. Oktober 2017, in: Keramos. Zeitschrift der Gesellschaft der Keramikfreunde e.V. Düsseldorf 2018. Jg. Heft 241/242, Gesellschaft der Keramikfreunde e.V. Düsseldorf (Hrsg.), Bramsche 2020, S. 4-10, S. 4-10, Abb. S. 9

BV002596995
Zum Objekt: Jahresbericht Bayerisches Nationalmuseum München 2019-2021, Frank Matthias Kammel (Hrsg.), München 2023, S. 87 S. 209

Systematik

Bildwerk [Plastik, Skulptur] - Figur (Mensch) - Büste

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